An'dih Skubalon
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Lebenslauf
Ort: Büro des Abteilungsleiter Forkl Grend, Fondor Academy of Engineering and Design, Fondor Zeitindex: 181113 n. E., vormittags
„Das ist widernatürlich! Völlig inakzeptabel!“ Forkl Grend war mittlerweile aufgesprungen und zeigte mit einem seiner fleischigen Zeigefinger direkt auf den Absolventen vor ihm, während er mit hochrotem Kopf auf ihn einbrüllte. „Ich kann es nicht fassen, dass Sie einen solchen Unfug nicht nur im Kopf haben, sondern ihn auch noch in die Tat umzusetzen wagten! Und das mit Eigentum unserer stolzen Institution!“
An’dih Skubalon, frisch gebackener Absolvent der Fondor Academy of Engineering and Design, mit Schwerpunkt auf Droiden- und Kleinstraumschifftechnik, saß in einem der Besuchersessel vor dem Schreibtisch seines Abteilungsleiters und ließ den Anfall über sich ergehen. Kleine Tropfen aus Speichel trafen ihn in seinem Gesicht. Er wischte sie sich weg und blickte dann wieder auf die Wand hinter Grend. Er saß nunmehr seit einer halben Stunde hier und was als Diskussion unter Kollegen begann, wurde nach kurzer Zeit zu einem hitzigen Streit und endete in einer Schimpftirade und Hassmonolog vonseiten Forkl Grends.
Das Objekt, welches den Skandal ausgelöst hatte, stand in einer Ecke und regte sich nicht. Wie denn auch, da es deaktiviert wurde, da es dem Abteilungsleiter Grend nicht gefallen hatte, wie es sich versuchte einzumischen und Stellung für An’dih Skubalon nahm.
R2-G23 war ein Astromechdroide von unscheinbarem Äußeren. Er war im klassischen weißen Grundton gehalten, mit der silberfarbenen Kuppel. Ockerfarbene Elemente verliehen ihm etwas Farbe, konnten aber nicht verhindern, dass er lediglich als schlicht bezeichnet werden konnte. Dies traf aber nur auf sein Äußeres zu. Im Rahmen seiner Abschlussarbeit hatte sich An’dih insbesondere mit den Vokabulatoren verschiedenster Droidenarten befasst und entdeckt, dass es keinen vernünftigen Grund dafür gab, dass Astromechdroiden lediglich in einer Codesprache vor sich hinpiepten. Am ehesten noch fand er die Antwort in einem Werk eines Professors von Borleias, der 2.500 Jahre zuvor davon sprach, dass man "sich mit einem Droiden auf keinerlei persönliche Art verbinden sollte, weder platonisch noch emotional, da sie Werkzeuge sind, die in ihrer Entbehrlichkeit dieser Zuwendung nicht würdig sind. Daher sollte man es bei allen, bei denen es nicht dringlichst nötig wäre, davon absehen ihnen eine Sprache zu geben. Als positives Beispiel soll uns der T9-Astromechdroide dienen und jeglicher andere Droide der T-Serie."
Von solchem Gerede wurde An’dih für gewöhnlich schlecht, aber er musste bald feststellen, dass sich diese Meinung wohl in das kollektive Bewusstsein eingebrannt hatte. Erst hatte es eine scharfe Protestnote seines Korrektors gegeben, die seine Benotung um einen Grad verschlechterte, dann wurde er wenige Wochen später, als er seinen praktischen Teil vorführte, direkt zu Grend vorgeladen.
Und hier saß er nun, schuldig, einem Astromechdroiden eine Stimme gegeben zu haben, oder zumindest mal die nötige Hard- und Software. Anfangs war es noch lustig gewesen, seine Kommilitonen hatten ihm zugejubelt und gefeiert für seinen Mut, aber das hatte hier nun ein Ende.
'Ein Ende', dachte sich An’dih, während Forkl Grend weiter auf ihn einbrüllte. 'Das ist es, was ich brauche. Ich mache hier ein Ende und beginne etwas Neues. Etwas ganz Neues!'
An’dih lächelte plötzlich über das ganze Gesicht, was Grend verwirrte und ihm ein „Was hat dieses Grinsen zu bedeuten, Skubalon?“ entlockte. Ohne etwas zu sagen stand An’dih auf und verließ das Büro, nicht aber ohne einen letzten Blick auf seinen Dreiundzwanzig zu werfen. Er würde seinen Kumpel vermissen.
Später an diesem Tag schickte er eine schriftliche Mitteilung an das Personalbüro der Akademie mit seiner Rücktrittserklärung. Er hatte sich entschlossen, dass der schnöde Alltag an der Akademie nichts für ihn war oder sein würde, egal an was er forschte. Und aus einer impulsiven Idee heraus hatte er sich mit einem Hacker in Verbindung gesetzt, mit dem zusammen er einige Vorlesungen besucht hatte. Angeblich hatte er die Möglichkeit zu einer Gruppierung Kontakt aufzunehmen, bei der es ganz bestimmt nicht langweilig wurde.
An’dih Skubalon hatte sich entschlossen: Er würde der Dritten Flotte beitreten.
Ort: Eine dunkle Gasse in Oridin, Fondor
Zeitindex: 270114 n. E., 2345 Imperiale Standardzeit
Es war eine der typischen Nächte Oridins, die von Geschäftigkeit und den Lichtern einer Großstadt geprägt waren. Die Luft war geschwängert vom Duft des Regens, der sich bis vor einer halben Stunde noch über die Stadt ergossen hatte und die Bürgersteige und Gebäude mit einem Film von Feuchtigkeit zurückließ, der die bunten Lichter reflektierte. In der Ferne konnte man noch das Grollen des Donners hören, als letzter Zeuge des vorbeigezogenen Gewitters.
Auf diese Nacht hatte An'dih Skubalon lange gewartet. Der junge Mann hatte vor Wochen versucht Kontakt mit der 3. Flotte aufzunehmen, jener imperialen Einheit, die verstoßen und geächtet wurde, gebrandmarkt als Verräter am Imperium. Für seine Zwecke die perfekte Anlaufstelle. Den Kontakt hatte er hergestellt, indem er über einen verschlüsselten Holonetkanal eine anonyme Nachricht in das Nachrichtennetz von Naboo geschickt hatte. Den Gerüchten zufolge sollte das funktionieren. Etwa eine halbe Stunde vor der vereinbarten Zeit war er bereits am Treffpunkt, wartete ungeduldig, sich fragend ob das Treffen denn wirklich stattfinden würde. Doch pünktlich auf die Minute trat eine Gestalt geräuschlos aus dem Schatten.
Der Kontaktmann, zumindest hoffte An'dih, dass es der Kontakt sei, stand unweit von ihm entfernt. Dennoch vermochte An'dih nicht das Gesicht des Mannes zu erkennen, da dieser sich offensichtlich darin verstand, sich im Schatten zu verstecken und obendrein einen dunklen Mantel mit Kapuze trug. Die Kapuze hatte er tief in sein Gesicht gezogen.
"Taurücken isst man am besten in Gondos Cantina."
Mit diesem Satz gab sich An'dih dem Unbekannten zu erkennen, eine einfache Losung, die er selber vorgeschlagen hatte.
"Ihre Identifikationskarte!", raunte der Mann mit tiefer Stimme, die einen typisch militärischen Unterton besaß, der von Autorität zeugte. An'dih reichte ihm seine ID, vergewisserte sich jedoch zuvor, dass es auch seine echte war, nicht die gefälschte, mit der er wenige Stunden zuvor einen Gleiter gemietet hatte. Der Gleiter stand am Eingang der Gasse, nur einen kurzen Sprint entfernt, falls eine plötzliche Flucht notwendig wurde. Und auch wenn er ihn zurücklassen müsste, so wäre er nicht zu seiner wahren Identität zurück verfolgbar.
Der Kontaktmann hielt die ID über ein Pad, welches aufleuchtete und bestätigend piepte.
"Alles in Ordnung?", fragte An'dih mit fester Stimme. Er hatte es sich nicht lange durch den Kopf gehen lassen, ob er das Risiko eingehen sollte sich freiwillig zur Dritten Flotte zu melden. Er hatte sich dazu entschieden, nachdem er erkannt hatte, dass seine Zukunft an der Akademie nur langweilige Routine für ihn bereithielt, eingeschränkt durch die Ansichten anderer. Den regulären Dienst in der imperialen Flotte jedoch wollte er nicht antreten, da dieser für ihn keinen Reiz darstellte. Eine reguläre Truppe würde wohl einen zu gewöhnlichen Alltag mit sich bringen und davor wollte er fliehen. Er suchte das Abenteuer. Die Gefahr, dass er wegen dieser nächtlichen Aktion geschnappt werden könnte und in einer Strafkolonie auf irgendeinem fernen Planeten den Rest seines Lebens verbringen muss, war Teil des Abenteuers. Quasi ein kleiner Vorgeschmack. Gelegentlich brauchte er den Nervenkitzel und würde er das nicht aushalten, dann hätte er an Bord eines Sternzerstörers nichts verloren.
"Sieht gut aus." Der Mann gab ihm die Identifikationskarte zurück, drehte sich um und wollte bereits verschwinden. Nun wurde An'dih doch nervös.
"Hey, Moment mal! Was soll ich jetzt tun?", fragte er laut und machte Anstalten dem Mann zu folgen. Doch bevor er sich in Bewegung setzen konnte, packte ihn eine Hand am Arm und zog ihn zurück. Aus dem Augenwinkel sah er eine dunkelgekleidete Gestalt, die mit einem Blaster auf ihn zielte.
"Bloß keine Aufregung jetzt, Mister Skubalon."
"Skubalon, wenn ich bitten darf," presste An'dih zwischen seinen Zähnen hervor. "Den dritten Buchstaben spricht man wie ein Ü aus, so wie bei Rüpel, Sie Rüpel!"
Den Spruch quittierte eine weitere Gestalt mit einem gehässigen Lachen. "Dieser Rekrut hat Humor. Mal was ganz Neues."
Nun konnte An'dih sehen, dass sich drei dunkel gekleidete Männer von hinten genähert hatten, während er sich mit dem Kapuzenmann unterhalten hatte. Sie alle sahen aus, als wären sie von einer privaten Sicherheitsfirma, da sich an den schwarzen Uniformen keine militärischen Abzeichen befanden.
"Können wir uns auf den Weg machen, oder wollen Sie noch Ihrer Mutter Lebewohl sagen?"
'Das habe ich bereits', ging es ihm durch den Kopf. Er hatte ihnen ein Hologramm aufgenommen, auf dem er sich erklärte. Dieses Hologramm wartete in einer verbeulten R4-Einheit, die er ursprünglich mal aufrüsten wollte, aber nie darüber hinauskam als Haushaltsgehilfe seiner Mutter zu dienen. Er konnte nur hoffen, dass seine Eltern das verstehen würden. Dass er schon immer etwas eigen war, war ihnen durchaus bewusst und vielleicht warteten sie nur auf den Tag, an dem ihr ältester Sohn sich auf und davon machte.
Es wurde ihm beim Anblick der Soldaten bewusst, dass es sich hier wohl um den nächsten Schritt handelte. Diese Männer waren die Garantie dafür, dass niemand sich in die Reihen der 3. Flotte einschleusen konnte. Hätten sie ihn für einen Spion gehalten, würde er wohl nun mit einem rauchenden Loch in der Brust auf dem feuchten Boden dieser dunklen Gasse liegen.
Vorsichtig löste sich An'dih aus dem Griff und langte nach der Tasche mit den wenigen persönlichen Gegenständen, die er mitnehmen wollte. "Ich bin bereit, wenn Sie es sind", antwortete er dann zögerlich.
Die Truppe setzte sich in Bewegung und man führte ihn zu einem großen Gleiter mit getönten Scheiben, wie sie private Taxiunternehmen nutzten. Im Inneren wurden er und seine Tasche erst gefilzt und anschließend gescant, bevor sich der Gleiter in den nächtlichen Himmel erhob.
"Und, Junge, was soll aus dir werden?"
An'dih blickte den Mann an, der ihn als Jungen angesprochen hatte. Er war offensichtlich der älteste der Gruppe, hatte bereits leichte Spuren von Grau in seinem sonst braunen Haar und eine lange Narbe zog sich über sein von Falten gezeichnetes Gesicht. Dieser Soldat schien sein Mindesthaltbarkeitsdatum schon lange überschritten zu haben und konnte sich selbst mit Stolz Veteran nennen.
"Vielleicht ja einer von euch. Eure Truppe scheint ein lustiger Haufen zu sein."
Seine Antwort sollte etwas provozieren, erzeugte aber nur Gelächter. "Hör' sich den mal einer an! Einer von uns. Dafür braucht es aber noch ein bisschen mehr, als das, was du mitbringst."
Der Soldat blickte auf ein Pad und begann vorzulesen, was darauf zu sehen war. "Studium an der Fondor Academy of Engineering and Design, Abschluss mit Auszeichnung, allerdings aufgehört, trotz angebotener Stelle als technischer Instruktor. Was war da los, Skubalon?"
An'dih schien die Frage aufrichtig zu sein, daher antwortete er ohne Sarkasmus oder Spott. "Mein Abteilungsleiter und ich waren uns uneinig über die Ausstattung eines Astromechdroiden. Er fand, dass es zu viel des Guten sei, wenn er Mittel der Selbstverteidigung zur Verfügung hätte."
Dies war nicht die ganze Wahrheit, da es sich bei der Modifikation lediglich um einen Vokabulator gehandelt hatte, aber alles musste der Kerl auch nicht wissen.
Der ältere Soldat nickte und tippte etwas in sein Datapad. Er konzentrierte sich nun nur noch auf den Inhalt des Bildschirms. Was er da studierte und ob es sich um An'dihs Akte oder eventuell schon den nächsten Rekruten handelte, konnte An'dih nicht sagen. Er wusste aber, dass es nun für ihn kein Zurück mehr gab.