Liyquaze.

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Dwarf Androx
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Liyquaze.

Post by Dwarf Androx » 3. May 2005 19:34

Topicinformation:
Diese Geschichte beginnt auf Restpoint Station im Jahr 10 n. E. und wird sich später an immer neuen Handlungsorten abspielen. Tag 1 ist der erste Tag der neuen Zeitrechnung nach Zerstörung der Neuen Republik. Bitte vor dem Mitspielen die Autoren fragen.



[Koty'na Si Kuyan]
Ort: Restpoint Station, hoher Orbit um Etti IV, Corporate Sector
Zeitindex: 1.2317 Standardzeit, erster Tag der neuen Zeitrechnung

Yorik riss scharf an der Leine und zerrte mich aus dem Turbolift heraus, ehe sich meine Augen an das grelle Licht in der gewaltigen, mit Transparistahl verglasten Halle gewöhnen konnten. So irrte ich die ersten Sekunden orientierungslos durch das Getümmel, immer nur von Yoriks unbarmherzigen Stößen in den Rücken getrieben und die Schemen von Kiessek und Olaaf irgendwo weit vor mir. Yorik grunzte laut. Er hatte keine Lust, meinetwegen Schläge zu bekommen, und Kiessek war der grausamste Herr, der einem dienstbaren Geist wie ihm widerfahren konnte. Olaaf, der sich vollmundig als Kiesseks Partner bezeichnete und dabei wenig mehr war als die momentan liebste Abendbeschäftigung seines gewalttätigen Herrschers, würde sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, Yorik schlechtzumachen und auf diese Weise in Kiesseks Gunst zu steigen. Was ihm anstelle meiner den nächsten Abend in Kiesseks Armen und mir dafür weitere Schläge einbringen würde, soviel stand fest.
Um der wenig verheißungsvollen Aussicht zu entgehen, die Nacht wieder einmal unter dem schwitzenden, fetten Widerling Yorik verbringen zu müssen, ging ich gehorsam etwas schneller, zumal sich meine Augen an die für mein Empfinden unangenehme Helligkeit doch langsam gewöhnten. Auf Ryloth war es für gewöhnlich dunkel, zumindest in der Zwielichtzone, wo die Bevölkerung lebte, aber ich stammte nicht von Ryloth. Zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass eine nicht reinrassige Abstammung in manchen Situationen auch von Vorteil sein konnte.
Eine Gruppe Sicherheitspolizisten vertrat uns den Weg. Sie waren braun uniformiert und es hätte ihrer schussbereiten Waffen nicht bedurft, um sie als Espos zu identifizieren. Die skrupellosen und korrupten Espos bildeten jene private Polizeitruppe, deren Disziplin und absoluter Gehorsam gegenüber der Sektorverwaltung beispiellos war und deren Namen man in den von der CSA beherrschten Systemen nur flüsternd in den Mund nahm.
Ich erwartete schon das Schlimmste, als ich ihre grimmigen Blicke sah, doch sie wollten nur die Bordgesetze durchsetzen. Mich betraf das nur insofern, als ich vorübergehend eine Qual weniger zu erleiden haben würde: Yorik war abgelenkt.
"Willkommen auf Restpoint Station. Mein Name ist Leutnant Harvek, Sektorverwaltung", stellte sich der Truppführer vor und machte nicht den Eindruck, als habe Yoriks hünenhafte Erscheinung, die ihn gut und gerne um einen Kopf überragte, eine bedeutende Wirkung auf ihn. Mich überragte der Polizist allerdings seinerseits um einen Kopf und der schwarz glänzende Helm machte seine Gestalt noch wuchtiger.
"Was wünscht Ihr, Leutnant?" bemühte sich Kiessek um die Wahrung des höflichen Umgangstons. Er galt als jähzornig, aber war dabei nicht dumm genug, sich mit einem Polizisten der Sektorverwaltung anzulegen.
"Ich muss Euch bitten, mir unverzüglich zu folgen. Die Neuropeitsche Eures Begleiters ist unzulässig." Dabei blickte er weiterhin ungerührt, geradezu herausfordernd, Yorik entgegen. Der Riese grunzte bedrohlich, doch auf einen Wink von Kiessek setzte er sich in Bewegung. Nicht weit von den Turbolifts entfernt gab es ein winziges Büro, wohin der Leutnant uns führte. Nur der Leutnant und mein Herr fanden darin Platz, die anderen warteten draußen mit mir.
Hoffnung keimte in mir auf, dass der Mann meinem unwürdigen Dasein als Kiesseks Leibsklavin ein Ende bereiten würde. Ich war erst seit zwei Monaten in dieser wenig beneidenswerten Lage, aber ich hatte schon sechs Mal versucht zu fliehen. Beim letzten Versuch hatte Kiessek mir angedroht, mir beim lebendigen Leib die Lekku zu stutzen. Danach hatte ich ihm in jeder Nacht mit meinem Körper gedient, bis dieser Widerling Olaaf hinzugekommen war. Er beherrschte die Kunst, einen Mann zu befriedigen, um einiges besser, war er doch schlank und schön anzusehen und hatte er doch wunderbare, seidige Haare, die ich einem Mann nicht bieten konnte. Nicht, dass ich darauf Wert gelegt hätte, aber dieser Nachteil hatte meine Situation weiter verschlechtert. Olaaf war ebenfalls ein Leibdiener, aber er war es freiwillig, da er nur dies konnte und Kiessek ihm ein reiches Leben ermöglichte. Ich musste seitdem Yorik dienen, wann immer er es für richtig hielt.
Hatte ich soeben noch gehofft, Leutnant Harvek habe auch nur einen Funken Mitleid, so sah ich mich bitter enttäuscht, als er auf Yoriks Frage, wie er mich dann züchtigen solle, eiskalt erwiderte: "Zieh eben das Halsband etwas enger oder überlasse sie mir. Du bekommst sie in einem Stück und um einiges gehorsamer wieder, wenn du abreist." Dabei grinste er so geringschätzig, dass es mir den Atem verschlug. Desillusioniert wandte ich den Blick ab, während Yorik widerspenstig seine Neuropeitsche herausrücken musste und Kiessek dafür eine Quittung in Empfang nahm.
"Die Papiere für die Sklavin?", bohrte Harvek weiter.
Es war überall dasselbe. Solange die Besitzkarte in Ordnung war, kümmerte sich niemand weiter um mich. Natürlich waren die Papiere in Ordnung. Harvek überflog nur kurz die wichtigsten Daten.
"Koty'na Si Kuyan, auf Tatooine geboren, eins-siebenundsechzig, könnte hinkommen...", er gab die Karte an Kiessek zurück, "Twi'lek, blauhäutig, weiblich... unverkennbar. Prägenummer... in Ordnung..."
Ich nutzte die Gelegenheit, die mir die bürokratische Verzögerung bot, um mich ein wenig umzusehen. An Flucht war nicht zu denken, denn die Espos hätten den Fluchtversuch einer Sklavin mit ihren Strahlengewehren beantwortet und hier, im Getümmel, hätte das auch Unbeteiligte gefährdet. Nicht, dass mich das gestört hätte, aber ich konnte ohnehin nicht entkommen, also hätte man mich früher oder später eingefangen und dann hätte Kiessek endlich seinen Grund gehabt, mir die grausamste aller Strafen angedeihen zu lassen. Vorausgesetzt, er brachte mich nicht gleich um.
Das Foyer, in dem wir uns befanden, war riesig und überspannte mehrere Decks, auf deren Höhe jeweils breite Umlaufgänge mit allerhand Boutiquen, Restaurants und Vergnügungszentren ihrer zahlungskräftigen Kundschaft harrten. Hier war alles gewaltig und erstrahlte im Prunk, den sich nur die großen Konzerne leisten konnten: Restpoint Station im Etti-System, das Tor zur Macht im Sektor der Korporationsverwaltung. Das hohe Kuppeldach des Foyers war vollständig aus bestem Transparistahl gefertigt und erlaubte einen prächtigen Ausblick auf den Planeten Etti IV, der als einer der wichtigsten Planeten des gesamten Sektors galt. Hinter der Planetenkrümmung ging soeben die Sonne auf. Ihr Licht wurde, da es durch die Atmosphäre noch gefiltert wurde, in den langwelligen Spektralbereich verschoben und strahlte in einem satten Blauton.
Am Boden des Foyers entdeckte ich einen gewaltigen Springbrunnen, der einer mir unbekannten, abstrakten Kunst entsprungen sein mochte und um den herum sich wahrhaftig hunderte Personen der verschiedensten Spezies ein Stelldichein gaben. Ein Summen und Brodeln von tausend Wesen lag in der Luft, das mir erst jetzt auffiel, da mir ein Augenblick zum Verschnaufen gewährt wurde.
Dieses Glück war aber von allzu kurzer Dauer. Yorik, Kiessek und Olaaf waren von den Espos durchsucht und fortan für harmlos befunden worden. Freilich hatte Kiessek sämtliche Waffen an Bord seines Raumschiffs, der TEVESSA, zurückgelassen, da ihm die Gesetze im Korporationssektor bestens bekannt waren und auch sämtliche Wege, sie zu umgehen. Immerhin hatte er hier den Grundstock seines Vermögens gemacht, das heute für eine Fortführung seiner dunklen Geschäfte ohne finanzielle Sorgen reichte.
Yorik nahm die Leine wieder fester und griff noch brutaler zu, als wolle er mich daran erinnern, dass er auch ohne die quälenden, elektrischen Schläge der Neuropeitsche noch immer imstande war, mich zu allem zu zwingen, was ihm als Beweis für meinen Gehorsam in den Sinn kam. Nicht, dass ich ihn herausgefordert oder mich auch nur um einen Deut sicherer gefühlt hätte; es war ihm einfach ein Bedürfnis, mir fortan seine Macht zu beweisen. Das gelang ihm auch ziemlich nachhaltig: Er würgte mich so stark, dass mir für Sekunden die Luft wegblieb und ich wahrscheinlich erbärmlich röchelte. Leutnant Harvek, der die Bordgesetze nun durchgesetzt und mit uns nichts mehr zu schaffen hatte, grinste mir gehässig zu, während ich nach Luft ringend nach meinem Halsring griff, dann verließ er, die Neuropeitsche Yoriks im Gürtel, dieses Deck mit seinen Begleitern durch den nächsten Turbolift. Bald fanden wir das Deck, auf dem unsere Quartiere lagen.
Kiessek hatte nicht vor, länger, als es seine Geschäfte erforderten, auf Restpoint zu bleiben, aber er hatte dennoch Zimmer angemietet. Er verschwand bald mit Olaaf im Schlafgemach. Yorik hatte es sich auf dem bequemen Diwan bequem gemacht und nahm mir für die Nacht die Leine ab. Ich hatte nicht vor, den Fehler zu begehen, erneut zu fliehen. Er bediente sich schamlos aus der Minibar und betrank sich scheußlich mit Zairona Ale, das für die meisten nichtmenschlischen Spezies hochtoxisch und deshalb in den meisten Kolonien verboten war. Dann legte er sich hin und schlief schnarchend ein. Für mich blieb nur der Teppich, aber der schien mir angesichts der letzten Tage wie ein geradezu unverschämter Luxus. In dieser Nacht ließ mich Yorik zum ersten Mal seit drei Wochen durchschlafen.


[Raffi Nibbit]
Ort: vor Essocs Werkstatt
Zeitindex: 2.0012 Standardzeit

Der Tag, an dem sich mein Leben veränderte, war wohl der furchtbarste in meinem bisherigen Leben. Wenn ich heute daran zurückdenke, packt mich noch immer das Entsetzen. Alles, was ich mir aufgebaut hatte, war mit einem Mal dahin! Mein Meister hatte mich herausgeworfen. Ich, arbeitslos, der beste Techniker der ganzen Outer Rims!
Aber lasst mich, verehrter Leser, von vorne beginnen und mich Euch, wie es sich gehört, ein wenig vorstellen. Mein Name ist Raffi Nibbit und ich stamme vom dritten Kind der Sonne Chad. Mein Leben ist die Technik und durch sie bin ich allen anderen Wesen in Zuneigung verbunden. Nein, das stimmt nicht ganz. Ein Wesen mag ich nicht. Aber ich greife schon wieder vor. Ich zeichne dieses Tagebuch auf, um meine Erlebnisse auf fremden Welten festzuhalten, die sich seit jenem Tag ereigneten, da mich Essoc nicht mehr liebte. Lasst mich also bei diesem furchtbaren Ereignis beginnen.

Essoc war ein großer Mann. Ein Mensch, um genauer zu sein, aber das war auch der einzige Fehler an ihm, und für den konnte er nichts. Er war ein begabter Techniker, und deshalb schloss ich ihn sofort in mein Herz, als ich ihm zum ersten Mal auf dieser Raumstation begegnete. Mein ganzes Leben hatte ich hier schon verbracht, seit ich von Chad weggegangen war, aber unsere Kolonie in diesem System war klein, fasste nur wenige dutzend Chadra-Fan, und selbst für uns Wenige gab es kaum Arbeit.
Die Menschen, die von der Korporation mit den großen Helmen und den braunen Uniformen, man nannte sie Espos, verboten uns nicht, hier zu arbeiten. Wir wurden der Müllverwertungsanlage zugeteilt, weil die Räume für Menschen zu klein waren und Arbeitsdroiden von den überall vorhandenen magnetischen Feldern beeinträchtigt oder gar in die Konverter geschleudert worden wären. Die Arbeit war hart, aber sie machte uns stolz. Was wir verdienten, reichte uns zum Leben, auch wenn es nicht viel war. Unser Zubrot verdienten wir, meine sechs Freunde an den Konvertern und ich, indem wir verwertbare technische Bauteile vom Schrott absonderten und in der Nacht reparierten, umbauten oder sogar neue Gegenstände aus ihnen entwarfen. Am häufigsten wurden Abspielgeräte oder kleine Funkempfänger daraus, einmal baute ich sogar ganz alleine einen elektronischen Schottentriegler! Manchmal kaufte sogar einer unsere Geräte, die wir dann morgens vor Arbeitsbeginn auf dem kleinen Elektronikmarkt in der siebten Ebene anboten, und das brachte der Kolonie ein paar Credits mehr im Monat.
Ich glaube, das ist schon sieben Jahre her. Ja, damals war es geschehen, dass sich irgendwann ein Mensch in unsere Abfallbeseitigungsanlage verirrt hatte. Vielmehr war er auf der Suche nach etwas gewesen. Natürlich war es Essoc, den ich bereits erwähnte. Er hatte seinen Droiden verloren, einen kleinen, feinen Droiden von der Art, wie sie in unserer Heimat zu Tausenden hergestellt wurden, bevor Rebaxan Columni finanziell zugrundeging. Das Imperium hatte sie alle gekauft, um die Schulden von Rebaxan Columni wenigstens teilweise zu tilgen. Sehr nett vom Imperium. Sonst wollte sie keiner haben, dabei waren sie zu so vielen Dingen gut.
Damals glaubte ich noch, dass das Imperium etwas Gutes sei. Eigentlich kann ich immer noch nicht glauben, was sich böse Zungen über diesen Staat erzählen, der meinem Volk damals den Weg von Chad auf andere Welten ebnete und uns allen Arbeit gab. Essoc sagte am Tag unseres ersten Zusammentreffens, dass wir nichts anderes als Sklaven seien. Man nutze unsere Arbeitskraft und gebe uns kein Geld dafür. "Das ist gelogen", hatte ich ihm entgegengerufen. "Wir erhalten einen festen Lohn und wertvolle Elektronik, die wir weiterverkaufen können."
"Schrott ist es", hatte Essoc höhnisch erwidert, "aber davon versteht ihr nichts". Dann hatte er weiter nach seinem Droiden gesucht. Er habe eine Fehlfunktion, und deshalb sei er auf den Müll gekommen. Aber auf dem Datenspeicher sei vielleicht noch eine wertvolle Datei, und deshalb brauche er seinen 'Mausdroiden' wieder. Wir hatten ihn zu unserer großen Freude längst gefunden, aber so einem rohen Menschen durfte man keine wertvolle Technik überlassen. Außerdem lästerte er nicht nur den unschuldigen MSE-6-Droiden mit dem Schimpfwort, sondern, indem er uns Sklaven nannte, auch unseren Arbeitgeber.
Erst, als er nach langem Zögern versprochen hatte, solche Gedanken nicht mehr zu äußern, hatten wir Essoc seinen Droiden zurückgegeben. Inzwischen funktionierte er auch wieder, denn wir Chadra-Fan sind, wie schon erwähnt, begabte Techniker, und mich hatte es keine Minute gekostet, den Fehler zu finden. Ihm hatte es einige Credits erspart, einen neuen zu erwerben. Essoc sagte, er sei selbst Techniker und betreibe eine Werkstatt mit Ersatzteilen für Raumschiffe auf dieser Station, aber das konnte ich anfangs nicht glauben. Wer einen leicht zu reparierenden Droiden wegwirft, kann kein Techniker sein.
Doch es stimmte, und Essoc bot mir eine andere Stelle an. Ich sollte für ihn Triebwerke reparieren. Meine Fähigkeiten und meine geringe körperliche Größe -- dabei überrage ich andere Chadra-Fan um mehrere Zentimeter, das muss einmal erwähnt werden! -- seien genau die richtigen Eigenschaften, die er bei einem tüchtigen Mechaniker brauche. Ich liebte ihn dafür und natürlich nahm ich an, auch wenn ich meine Freunde zurücklassen musste. Doch die Bezahlung war um einiges besser und da unsere kleine Kolonie jeden zusätzlichen Dezicred brauchen konnte, nahm ich auch in ihrem Interesse die neue Arbeit an. Freilich muss ich eine meiner Aussagen berichtigen: Wir wurden nicht in Credits bezahlt, der Währung der Menschen in den Kernwelten, sondern in Voucher, die nur im Korporationssektor gelten. Die Erinnerung verfälscht auf den ersten Blick so viele Wahrheiten!
Was die Sklaverei betrifft: Essoc hatte es bis zu jenem Schicksalstag nie wieder erwähnt, aber inzwischen hatte ich so viele Dinge über das Imperium gehört, dass ich beinahe geneigt war, seinen damaligen Behauptungen zu glauben. Ein befreundeter Mechaniker sagte mir einmal, Essoc habe mich aus dem Arbeitsverhältnis zur Stationsleitung freigekauft, aber der stand stets unter dem Einfluss bewusstseinserweiternder Substanzen und seine Aussage bedeutete mir nichts. Denn fragt einmal einen von meinem Volk: Nicht einer würde Euch bestätigen, werter Leser, dass er sich vom Imperium versklavt fühlt. Und wer es doch sagt, ist ehrlos und lügt.
So kam es also, dass ich den beneidenswertesten Posten auf der ganzen Station Restpoint erhielt. Ich durfte Triebwerke von innen sehen, sie zerlegen und reparieren, und das tat ich in Rekordzeit. Essoc war oft barsch zu mir, wenn es ihm zu langsam ging, und nannte mich einen hässlichen Fellball, wenn ich einmal einen Fehler machte oder wenn er einfach betrunken war, aber so musste er sich benehmen, damit die anderen Angestellten nichts von unserem besonderen Freundschaftsverhältnis erfuhren und sich gar zurückgesetzt fühlten. Ich kann ihm die Schmähworte nicht verübeln. Schließlich war er doch mein Meister.

Aber an diesem Tag, von dem ich die ganze Zeit schon zu berichten suche, geschah etwas mir völlig Unbegreifliches. Ich wusste schon lange, dass Essoc in Geldnot war und arbeitete seit Monaten umsonst für ihn, da er jede unnötige Ausgabe sparen und die Werkstatt erhalten wollte. Doch das reichte ihm nicht. Er bekam kaum noch Aufträge, da ein neuer Konkurrent mit günstigeren Preisen warb. Der Neue setzte Roboter ein, Essoc nicht. Natürlich: Droiden verlangen weder Lohn noch Unterkunft noch machen sie Feierabend.
Erst vor einer Woche hatte Essoc wieder einen Auftrag erhalten, der auch ihm die Anschaffung einiger neuer Geräte ermöglichen würde, mit denen er die Werkstatt wieder konkurrenzfähig machen wollte.
"Raffi, du musst mir einen Gefallen tun", hatte Meister Essoc gesagt.
"Ich würde dir jeden Gefallen tun", hatte ich erwidert.
Essoc hatte gelächelt und gesagt: "Diesmal ist es etwas heikel. Du weißt um unsere finanzielle Lage. Ich muss nach jedem Strohhalm greifen, damit wir wieder auf die Beine kommen."
"Es ist doch nichts Illegales?" fragte ich nach, obwohl ich keine Ahnung hatte, was er mit vertrockneten Pflanzenresten wollte. Soviel verstand ich, dass er nämlich drauf und dran war, trotz der scharfen Polizeikontrollen einen gesetzeswidrigen Auftrag anzunehmen. Illegale Dinge waren mir zuwider.
"Doch, leider, aber es ist unsere letzte Chance. Es handelt sich um die nicht ganz legale Aufrüstung eines Kleintransporters." Es ging bloß um die versteckte Installation eines für diese Schiffsklasse unzulässig starken Sensorgerätes. Da ich von Essoc bereits offiziell entlassen worden war, damit er, wie er sagte, Steuern sparen konnte, sollte ich nachts an dem Transporter arbeiten, während der Besitzer aus Behördensicht nur die Stellfläche mietete, um sein Fahrzeug zu parken. Natürlich kamen auch ein paar Espos und überprüften die Aussage, aber sie konnten uns nichts nachweisen. Dennoch nahmen die Polizisten ihre Ermittlungen auf, und meine Hände waren nicht flink genug, um dem Kunden die Fertigstellung zu gewährleisten. Ich arbeitete schnell und zuverlässig, wenn auch mit einem gewissen Unbehagen. Und ich behielt recht: Ich brauchte aufgrund eines Problems mit der alten Verkabelung im Schiffsrumpf die eine Nacht länger, welche die Espos benötigten, um dem Besitzer seine illegale Handlung nachzuweisen.
Am heutigen Morgen hatten die Espos Essocs Werkstatt gestürmt und alle festgenommen, die sich darin aufhielten. Essoc war klug und bestach einen Espo-Beamten, der die Situation für ihn und die anderen Mechaniker großzügig auslegte, zumal er dank meiner inoffiziellen Beschäftigung keinerlei Beweise für diese Arbeit in Händen hielt. Daher wurde Essoc gegen Mittag bereits wieder entlassen, aber der Kunde war verhaftet und damit sein Geld weg und Essoc machte mich dafür verantwortlich. Ich hatte Glück, dass er sich keinen Mord anlasten wollte, aber einige schmerzhafte Stellen trug ich davon. Und noch schlimmer: Er kündigte mir! Mich, seinen besten Mechaniker, jagte er davon.
"Wir sind doch Freunde", hatte ich gerufen. Beinahe hätte ich die Fassung verloren. Nun gut, ich hatte sie verloren, aber ein Mensch merkt das einem Nichtmenschen nicht so leicht an.
"Nicht mehr. Du bist mir nichts mehr schuldig und ich dir nicht! Scher dich weg, Raffi Nibbit, ich will dich niemals wiedersehen!"
Er drückte mir eine Holoscheibe in die Hand, schloss das Schott zu seinem Laden und ließ mich alleine.
Es war nicht schlimm, dass er mir das in den letzten acht Monaten verdiente Gehalt schuldig blieb. Schlimm war es, wie ungerecht und hasserfüllt Menschen sein können. Ich wollte nie wieder für einen Menschen arbeiten! Ich glaube, am liebsten wollte ich damals sofort zurück nach Chad, mich bei der großen Firma Rebaxan Columni verdingen -- ach, das ging ja gar nicht mehr! -- und kleine Geräte für den planetaren Markt herstellen. Irgend etwas, das mich niemals befriedigt hätte, aber weit genug entfernt war von allen bösartigen und hinterlistigen Menschen, die nichts anderes im Sinn haben als ihren eigenen Profit.
So waren meine Gedanken, und ich setzte sie auch in die Tat um. Anders als Menschen zögern wir Chadra-Fan nicht lange bei einem Entschluss. Dass die Zukunft ohnehin nicht davon abhängt, was wir planen und wollen, zeigt meine Geschichte nur zu gut, wie Ihr, werter Leser, in der Folge sehen werdet.
Auf der Holoscheibe fand ich endlich die Bestätigung, dass mich Essoc aus meinem Sklavendasein freigekauft hatte. Ich hatte mich tatsächlich nie als Sklave gefühlt, doch wenn ich ehrlich zu mir selbst war, hatte ich niemals versucht, meinen Arbeitgebern zu widersprechen. Vielleicht hätte es dann anders ausgesehen. Essoc hatte ebenfalls lange Jahre gut an mir und meiner Arbeit verdient; das also hatte er damit gemeint, dass ich ihm nichts mehr schuldig sei. Und darum hatte er mich gehen lassen, da ich ihm heute mehr zum Schaden als zum Nutzen war. Ich unternahm noch zwei, drei Versuche, mit ihm Kontakt aufzunehmen, ihn um Verzeihung zu bitten, aber ich traf ihn weder bei sich zu Hause, noch in seiner Werkstatt, noch in seiner Stammkneipe an. In der Kneipe blieb ich den ganzen Abend und trank einen Likör nach dem anderen, bis mein letztes Geld völlig aufgezehrt war. Daran, wie ich den Flug nach Chad finanzieren wollte, dachte ich in diesen Stunden nicht.


[Ssavaarl]
Ort: Iennefs Raumschiff, Andockpunkt 34, Restpoint Station
Zeitindex: 2.0331 Standardzeit

Auf Klauenspitzen schlich ich durch Iennefs winziges Schlafgemach. Es war abgedunkelt, aber meine Augen verliehen mir die Fähigkeit, auch in fast vollkommener Dunkelheit so sicher zu agieren wie bei Tageslicht. Das ist die Fähigkeit eines jeden aus dem ehrwürdigen Volk der T'doshok. Unsere Heimatwelt liegt zu weit entfernt von der Sonne, als dass uns ähnlich schwache Augen wie die der meisten galaktischen Bewohner auf der Jagd behilflich sein könnten.
In jenem Moment, da ich den Wandsafe entdeckte, vergaß ich sämtliche Gedanken an unwesentliche Details. Mit präzisen Bewegungen glitt ich an dem Schlafenden vorbei, griff mit spitzen Fingern in eine Vertiefung und aktivierte so die elektronische Passwortabfrage. Ich wusste, dass ein Mensch niemals auf die Idee gekommen wäre, einen einfachen, privaten Wandsafe im Schlafgemach hinter einem Gemälde zu verstecken. Die Wenigsten hätten sich auch überhaupt ein Gemälde in einem Raumschiff aufgehängt, und dahinter dann einen wahren Schatz zu vermuten, wäre quasi niemandem in den Sinn gekommen. Aber für mich, einen T'doshok, war dieses Versteck geradezu eine Beleidigung. Iennef war so einfallslos!
Vorsichtig spähte ich aus, ob sich Iennef bewegte, aber er schlief wie ein Toter. Es waren die Nachwirkungen der Medikamente, die ich in der Bar in seinen Cocktail gemischt hatte. Vielleicht war er auch tot, dann war die Gefahr, entdeckt zu werden, noch geringer. Nicht, dass ich das beabsichtigt hätte, denn das hätte eine unbequeme Untersuchung der Sektorverwaltung nach sich gezogen, zumindest eine Zeitverzögerung. Und Zeit war alles, was ich nicht hatte.
Mit einem elektronischen Zusatzgerät, das ich mir auf Nar Shaddaa besorgt und seitdem hoch in Ehren gehalten hatte, gelang es mir, den Tresor zu öffnen. Iennef war ein allzu leichtes Opfer. Beinahe verstieß es gegen meine Ehre, mein kostbares Diebesgut, das so offen vor mir lag, mitgehen zu lassen.
Ich nahm es natürlich trotzdem mit: ein unscheinbares, schmales Samttuch, in das ein fester, unterarmlanger Gegenstand gewickelt war. Außerdem hatte Iennef eine Dose mit zehn oder zwölf Stangen Glitzerstim in den Tresor gelegt: Ein willkommener Zusatzverdienst bei den derzeitigen Preisen, vor allem im streng reglementierten Korporationssektor, wo die Süchtigen Höchstpreise zahlten. Seine berauschende und sinnerweiternde Wirkung bedeutete mir nichts. Auch das Rauschgift steckte ich in meine Gürteltasche.
Da Iennef den Diebstahl nicht sofort bemerken sollte, wenn er wieder aufwachte, schob ich vorsichtig die Tresortür wieder zu. Mit den Fingern am Kolben meines Blasters machte ich kehrt, ständig misstrauisch zu dem Schlafenden äugend, zentimeterweise auf das schwach erleuchtete Rechteck zu, das den Ausgang markierte. Dahinter lagen nur noch der wenige Schritt lange Korridor und die Außenschleuse vor mir, dann konnte ich bequem im Getümmel des luxuriösen Großraumhangars der Restpoint-Station untertauchen. Ich war nach meinem untrüglichen Zeitgefühl schon zu lange hier auf Iennefs Raumschiff, bestimmt eine Stunde im Ganzen. Normalerweise hätte sich mein Opfer in dieser Zeit mehrfach bewegt, aber außer hin und wieder einem kräftigen Schnarchen schlief er dank der Medikamente so tief, dass ihn selbst ein Jizzkonzert direkt neben seinem Bett nicht aus dem Schlaf gerissen hätte.
Verärgert darüber, dass ich mir in den Jahren meines Exils von Hsskor kosmopolitische, um nicht zu sagen menschlische Angewohnheiten zueigen gemacht hatte, machte ich einen entschlossenen Schritt vorwärts. Es wäre beinahe mein letzter gewesen.

In dem Moment, als ich über einen Gegenstand am Boden stolperte, der mir in meinen Bemühungen, Iennef im Auge zu behalten, entgangen war, stürzte ich auch schon vornüber. Ein Blasterschuss röhrte gleißend über mich hinweg, kreuzte die Stelle, an der mein Kopf sich ohne den Sturz jetzt befunden hätte, und blendete mich für Sekundenbruchteile. Mein Gehirn kombinierte blitzschnell und in gewohnter Reaktionsgeschwindigkeit schnellte ich nach vorne, zog meinen Blaster beim Abrollen und feuerte auf das Bett, dann auf den Spind neben der Tür.
Iennef hatte nicht geschlafen! Es war auch nicht Iennef, der da im Bett saß und auf mich zielte, sondern ein Droide, der sich bis jetzt geschickt unter den Decken getarnt hatte. Deshalb also sein bleierner, unnatürlicher Schlaf! Iennef hatte die ganze Zeit über mit meinem Eindringen gerechnet und im Kleiderspind versteckt nur auf den günstigsten Augenblick gewartet, um mich endlich auszulöschen. In dem Moment, da ich unaufmerksam wurde, griff er mich an. Er war kein T'doshok oder Rodianer oder ein sonst irgendwie erfahrener Jäger, aber ich selbst hätte es nicht anders gemacht.
Ich rollte mich ab, schoss dabei abermals, und sprang auf. Das Schott zum Korridor machte keine Anstalten, sich zu schließen, aber es konnte auch eine gut präparierte Falle sein. Nicht, dass das Schott mir den Schädel spaltete, wenn ich versuchte, zu entkommen! Was tun? Zuerst der Droide!
Aus meiner zweiten Gürteltasche brachte ich mit der Linken einen Hemmbolzen zum Vorschein, während ich Iennef mit einer Serie ungezielter Schüsse in die Deckung seines Spindes zwang. Der Droide im Bett war zwar schon von meinem ersten Schuss getroffen und für Sekunden orientierungslos, aber er rappelte sich bereits wieder hoch, wie ich aus den Augenwinkeln sah, und er griff nach seiner Waffe. Mit einem Sprung war ich über ihm, trat ihm den schweren Blaster aus der Hand und presste ihm den Bolzen auf die Außenhaut. Ich hatte das kleine Gerät modifiziert: Kaum hatte ich es aktiviert und es bekam Kontakt zu der Metallfläche, schossen ionisierende Partikel aus der kleinen Energiezelle und paralysierten sämtliche Leitungen. Die schwächeren Schaltkreise und Module wurden überladen und brannten durch.
Unterdessen hatte sich mein zweiter wehrhafter Gegner, Iennef, wieder gefangen und schoss erneut auf mich. Er hatte zwar nicht den Vorteil, im Infrarotbereich sehen zu können und ich hatte außerdem schon von außen das Deckenlicht eliminiert, um mir diesen Vorteil zu sichern, dafür aber verfügte er über ein außerordentlich gutes Gehör, nach dem er sich erstaunlich treffsicher orientierte. Ich brachte mich hinter dem nun ausgeschalteten Droiden in Sicherheit und wusste, dass er mich in wenigen Augenblicken treffen oder Verstärkung erhalten würde. Ich musste mein Diebesgut und natürlich meine Schuppen so schnell wie möglich in Sicherheit bringen.
Als Iennefs Sperrfeuer für einen Moment nachließ, weil bei dieser Feuerfrequenz die Waffe einfach überhitzen musste, zwang ich ihn mit einem ungezielten Schuss in Deckung, dann feuerte ich auf das immer noch offenstehende Schott. Jetzt wusste ich, dass es eine Falle sein musste, sonst hätte mein Widersacher es längst geschlossen, damit ich nicht entkäme. Aber einem T'doshok macht man so leicht nichts vor! Ich traf die Stelle in der Wand, hinter der ich die Schließautomatik wusste und hörte als Antwort das Geräusch verschlackender Relais. Meine empfindlichen Nüstern sagten mir, dass ich ein empfindliches Siliziumteil getroffen haben musste. Jetzt konnte ich fliehen. Nur noch ein Schuss, um Iennef niederzuhalten, dann spurtete ich los, durch das schwach erhellte Rechteck gegenüber des Betts, vorbei an dem vom beißenden Qualm der brennenden Wandvertäfelung benebelten Iennef.
Die Türautomatik war nicht völlig zerstört, wie ich auf erschreckende Weise feststellte. In dem Moment, als ich das Schott passierte, zischte es schon auf mich hernieder. Zum Anhalten war es zu spät, obwohl ich damit rechnen musste, in der Hast des erst wenige Sekunden dauernden Kampfes den Auslöser verfehlt zu haben. Verzweifelt warf ich mich vorwärts, obwohl meine Reaktion viel zu spät kommen musste. Doch mein Schuss war nicht umsonst gewesen: Wenige Zoll über meinem Kopf verklemmte sich die Türplatte in ihrer geschmolzenen Fassung.

Ich hielt mich nicht länger auf, wusste ich doch meinen Verfolger dicht im Nacken. Iennef brüllte hinter mir vor Wut, als er erkannte, dass ich seiner sorgfältig vorbereiteten Falle entronnen war. Wilde Schüsse zuckten über mich hinweg und um mich herum, denen ich nur entkam, weil der Korridor nicht länger als fünf Meter war und das Außenschott noch offenstand. Jäh setzte ich über den metallischen Schottwächter hinweg, der schon vor fast zwei Stunden versucht hatte, mich am Eindringen zu hindern und den Einsatz meines modifizierten Hemmbolzens doch nicht überstanden hatte. Nun musste Iennef auf jeden Fall beide Roboter reparieren.
Hastig betätigte ich den Kombinationsschalter des schweren Außenschotts von innen und schlüpfte im letzten Moment hindurch, während die Schleuse, die mit dem Andockport der Station verankert war, evakuiert wurde. Das würde Iennef mindestens eine halbe Minute aufhalten, da er den Vorgang nicht einfach abbrechen konnte, und das verschaffte mir wiederum die nötige Zeit, in der ich meinen Blaster vor den misstrauischen Blicken der Espos verstecken konnte.
Langsam löste ich die verkrampften Finger um die noch warme Waffe. Es handelte sich um einen Handflächenblaster vom Typ Merr-Sonn JI "Happy Surprise", der eigentlich nur aus einem Griff und dem Abzug bestand mit einem winzigen Lauf, der zwischen dem zweiten und dritten Finger hervorragte. Es wirkte unscheinbar und fiel, in der Faust versteckt, niemandem auf, war jedoch von zerstörerischer Kraft. Ich allerdings bevorzugte den rodianischen Eigennamen der Waffe: Kheth-saw.
Dieses winzige Objekt verstieß freilich gegen die harten Waffengesetze an Bord der Restpoint-Station, aber auch die konnte man umgehen, wenn man nur einigermaßen klug vorging oder die Wachen bestach. Da ich kein Geld hatte, musste ich das Risiko eingehen, entdeckt zu werden, aber meine eigens für den Korporationssektor entwickelte Masche funktionierte schon seit Jahren einwandfrei. Ich wickelte den Kheth-saw in ein eigens dafür vorgesehenes Etui und schob ihn in meinen Rachen. Zwischen meinen hintersten Backenzähnen war eine der wenigen Stellen, an denen selbst die Espos nicht mehr suchten.
Noch während ich das tat, marschierte ich bereits unauffällig zwischen den verschiedenen Besuchern von Restpoint hindurch, hinüber zum Ausgang des Hangars. Einigen sah man an, dass sie keine normalen Zivilisten waren, sondern entweder beurlaubte Offiziere der imperialen Streitkräfte (was aber, angesichts der derzeitigen politischen Lage, kaum denkbar war) oder Spitzel der CSA. Ich steuerte direkt und betont gelassen auf einen Ausgang zu, der über Turbolifts zum großen Foyer führte, und hielt mich nahe einer Gruppe lautstark diskutierender Gamorreaner, die mir die Macht geschickt haben musste: Sie stanken so stark, dass man sich von ihnen fernhielt, und entsprechend bemerkte auch niemand den sanften Hauch von Laserfeuer und verschmorten Kabeln, der mich zu meinem größten Ärger wie ein olfaktorisches Fanal umgab. Selbst die Espos, die den Ausgang bewachten, verzichteten bei den dümmlichen Kreaturen, denen ich mich angeschlossen hatte, auf eine zu gründliche Untersuchung. Es war das erste Mal, dass ich so etwas wie Nervosität angesichts eines Korporationsbeamten verspürte. Mein schlechtes Gewissen, das entweder von den Drogen in meiner Tasche oder den zahlreichen Verstößen gegen das Waffengesetz herrührte, die ich in dieser Sekunde beging, bescherte mir ein Kribbeln in der Nackengegend, das mir ganz und gar unvertraut war. Vielleicht eine weitere unerwünschte und unbewusste Adaption an die Verhaltensweisen der überall gedeihenden und einfach nicht auszurottenden Humanoiden, überlegte ich mir. Ich trug bereits eine Marke, die mich als zutrittsberechtigt auswies und wurde daher nur einmal von Kopf bis Fuß gemustert, ehe der Espo mir mit einem gelangweilten Gesichtsausdruck und einem barschen Wink zu verstehen gab, dass ich weitergehen solle.
Dem Strom folgend gelangte ich, insgeheim besorgt die Sekunden abzählend, welche Iennef zum Öffnen der luftentleerten Außenschleuse brauchen würde, endlich in das große Foyer. Dort wechselte ich zweimal das Deck über verschiedene Turbolifts, durchquerte einen großen Salon und versteckte ich mich schließlich zwischen den Wartenden vor einem HoloVid-Kino. Hier wollte ich Xix Hanoxan treffen.
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Liyquaze. Vol. 2

Post by Dwarf Androx » 3. May 2005 19:38

[Frosk 117]
Ort: HoloVid-Kino
Zeitindex: 2.0407 Standardzeit

Das untrügliche Gefühl, hier fehl am Platze zu sein, verstärkte sich mit jeder Sekunde. Wer immer mich in der Düsternis Seite an Seite mit dem Omwati hier beim Genuss des Science-Fiction-Spektakels sah, konnte sich einen fragenden Blick nicht ganz verkneifen. Wer hatte auch jemals einen Khommiten im Kino gesehen?
Der Omwati seinerseits war kein besonders begeisterter Kinofreund, aber er verband die für ihn offensichtlich vorhandene Zerstreuung mit seinem Beruf. Welcher Art dieser Beruf war, wusste ich nicht, aber er hatte versprochen, eine neue Anstellung für mich zu finden und ich nahm ihn bei seinem Ehrenwort. Immerhin war ich es gewesen, der ihn vor drei Tagen aus einem Feuergefecht zwischen rivalisierenden Banden gerettet hatte. Er hatte mir gesagt, dass er alle seine Kontakte an derart öffentlichen Plätzen pflegte, denn große Mengen waren nur schwer zu überwachen und man konnte, wie er behauptete, schnell und ungesehen in ihnen verschwinden. Außerdem ersparte er sich so die Notwendigkeit, anderen seinen Unterschlupf preiszugeben.
Mir selbst missfiel die Situation, denn einen Khommiten konnte man überall antreffen, nicht aber im Kino oder in anderen Stätten, die lediglich der Pflege fragwürdiger Emotionen dienten, welche den logischen, gesunden Gedankenfluss beeinträchtigten. Natürlich war mir klar, dass das all die Milliarden Fühlenden, die nicht von Khomm stammten, niemals begreifen konnten und dass selbst auf Khomm die Mehrzahl der Bevölkerung meine Ansichten nicht teilte. Doch war es eine unbestrittene Tatsache, dass Unheil stets aus unkontrollierbaren Emotionen entstand. Der Wille zur Macht war eines dieser typisch menschlichen Gelüste, der die khommitische Zivilisation vor Jahrtausenden bereits entsagt hatte. Der Hang an der Individualität des Einzelnen machte sie verwundbar. Alle biologisch gezeugten Wesen haben genetische Schwachstellen, deren Entwicklung man zum Zeitpunkt der Geburt noch nicht vorhersehen kann. Mutationen treten auf und allmählich degeneriert das Genom und reißt ein ganzes Volk in den Untergang. Wieviel logischer war es doch, aus eigenem Antrieb zu entscheiden, aus diesem ewigen Kreis des Unheils auszubrechen, wenn man allen irrationalen Emotionen abschwor und nur noch aus den Besten und Klügsten eines Volkes die nächste Generation klonte, genauso stark und unfehlbar wie die vorangegangene. Für einen Khommiten hat der viel beschworene Ausdruck von der "guten alten Zeit" also keinerlei Bedeutung.
Der Omwati stieß mich an und riss mich aus der tiefen Kontemplation, aus der ich meine Geduld schöpfte. In unserer Reihe entstand eine Bewegung. Ein abstoßender, von Keimen durchsetzter Geruch stieg mir in die Nase, und dann sah ich das Schuppenwesen, das sich auf den Omwati und mich zubewegte. Es war ein Trandoshaner, aber ich wusste, dass sie ihren selbstgewählten Namen bevorzugten.
Der Trandoshaner blieb unvermittelt stehen, als er meine Gegenwart bemerkte und erkannte, dass ich zu dem Blauhäutigen gehörte. Zornige Stimmen aus den hinteren Reihen wurden laut und bewogen den Reptiloiden offensichtlich gegen seine ursprüngliche Absicht zu der Entscheidung, sich zunächst einmal zu setzen, um kein weiteres Aufsehen zu erregen. Dabei bemerkte ich, dass er sich hin und wieder wachsam umblickte. Auch er schien sich nicht wohl zu fühlen.
"Was tut der Khommite hier?" zischte er den Omwati an. "Xix Hanoxan, du hattessst noch nie Begleitung." Er hatte, wie viele Echsenabkömmlinge, seine Zunge nicht im Griff, wenn er nicht Dosh, sondern die Basissprache benutzte. Ich fand es unverständlich, dass die Trandoshaner sich noch nicht gentechnisch an diese Notwendigkeiten angepasst hatten. Ohnehin brauchten sie doch keine so langen Zungen; soweit ich wusste, waren Trandoshaner Augenjäger, das hieß, sie verließen sich vor allem auf ihren überlegenen Gesichtssinn bei der Jagd. Geruchs- und Geschmacksempfindungen spielten nur eine sekundäre Rolle.
"Das hat sich eben geändert", stellte Xix Hanoxan nüchtern fest. Er machte sich deutlich weniger Gedanken um die Erbmasse des Schuppenträgers. "Wir sind hier auch nicht verabredet, Ssavaarl."
"Er ist nicht der Mann, auf den wir warten?", warf ich ein.
"Nein. Frosk, ich darf dir Ssavaarl vorstellen, einen langjährigen ... Geschäftspartner."
Ich nickte dem Trandoshaner freundlich zu. "Ihr seid Kopfgeldjäger, Meister T'doshok?"
Seine Augen glühten mich um eine Spur misstrauischer an. "Was geht Euch das an? Ich treffe mich mit Hanoxan, nicht mit Euch", zischte er.
"Schon gut, verzeiht."
Hanoxan, der Omwati, unterbrach unsere Diskussion. "Also, Ssavaarl? Du würdest dich nicht in das Kino setzen, wenn du nicht etwas für mich hättest."
"Tatsssächlich. Ich treffe später noch einen Kunden, aber zunächst habe ich noch etwasss von deiner begehrtesten Ware."
Der Omwati nickte bedächtig. "Zeig her, was du zu bieten hast."
Ich wusste nicht, wovon die beiden sprachen, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass es etwas Legales war. Genaugenommen war mir das zuwider, aber ich hatte keine andere Wahl. Seit ich nicht mehr auf Khomm lebte, hatte es nur selten eine Alternative zum sicheren Tod gegeben. Mein Verdacht bestätigte sich, als der Trandoshaner eine flache, metallene Schatulle hervorholte, nicht dicker als ein kleiner Finger und vielleicht zehn Zentimeter lang. Ssavaarl wartete eine Sekunde ab, in der ein utopisches Lasergefecht die Aufmerksamkeit der anderen Kinobesucher bannte und klappte das Schächtelchen dann auf. Sechs oder sieben schmale Stangen einer schwarzen Substanz, die merkwürdig in sich selbst verwoben war, kamen zum Vorschein. Die Laserblitze auf dem Hologrammschirm brachten das Material zum Funkeln.
"Glitzerstim", entfuhr es mir. Die beiden anderen sahen mich zornig an und Ssavaarl zeigte eindeutig eine Drohgebärde: Offensichtlich war ich zu laut, selbst für den höllischen Lärm des Actionfilms. Ich hob um Verzeihung heischend die Hände. "Ich schweige."
"Besser so. Hanoxan?"
"Keine besonders gute Qualität", sagte Xix. Selbst ich wusste, dass er log, versuchte den Preis zu drücken. Immerhin wusste ich nun, dass Xix Hanoxan unter anderem ein Dealer war und das wiederum gab mir eine Gelegenheit, meine zukünftige Strategie darauf anzupassen.
"Es issst sauber verwoben und hat die richtige Konsistenz", widersprach der Trandoshaner.
"Woher?"
"Unerheblich."
"Hm..." Der Blauhäutige machte eine abschätzige Geste. "Wenn ich nicht wissen kann, ob es gepanscht ist, sagen wir: Fünftausend."
Der Trandoshaner und ich ächzten gleichzeitig. Mir kam es eindeutig zuviel vor für die Kleinigkeit von bestenfalls zwanzig Gramm. Der Dieb, denn das war er gewiss, wollte aber wesentlich mehr.
"So hast du mich noch nie beleidigt! Es ist mindestens zehntausend wert, bei einem Freundschaftssspreis!"
"Sechs. Was soll ich meinen Kunden sagen?"
Der Trandoshaner schüttelte sein abstoßendes Haupt. "Ich habe es von Iennef. Wenn du mich ruinieren willst, gibssst du mir neun. Ich habe einiges dafür riskiert."
"Iennef?" Plötzlich hellte sich Xix' Gesicht auf. "Das hättest du gleich sagen können. Acht, letztes Angebot."
"Achttausendfünfhundert, und ich vergesse, dass ich deinen merkwürdigen Freund hier gesehen habe", sagte der Trandoshaner verschlagen.
"In Ordnung."
Ich runzelte die Stirn. Meine faktische Nichtexistenz schien Xix Hanoxan immerhin fünfhundert Voucher mehr wert zu sein. Andererseits war ich nicht sicher, ob hier Ssavaarl oder Hanoxan übervorteilt worden waren. Einer von beiden bestimmt. Vielleicht auch beide. Hanoxan bezahlte die Drogen bar. Ich verstand: Creditchips hatten die schlechte Angewohnheit, dass solche Transaktionen nicht lange geheim blieben. So konnten Ssavaarl und Hanoxan im Zweifelsfall immer noch behaupten, einander nicht zu kennen.
Ssavaarl blieb noch einen Moment lang sitzen und genoss das Gefühl einer schweren Geldbörse. Ich bemerkte erst jetzt, als kurz ein von draußen hereindringender Lichtstrahl die Reihen erhellte, wie schlecht der Film besucht war. Bestimmt jeder zweite Platz war leer, aber in den hinteren Reihen saßen die Leute dennoch dicht auf dicht. Wir hatten eine Reihe in der Mitte und Plätze am Rand gewählt, nicht zu nahe am Ausgang, aber dennoch so, dass wir uns schnell zurückziehen konnten, wenn Not am Mann war. Das schien auch dem Omwati der beste Ort zu sein, an dem man Glitzerstim-Drogen kaufen konnte, immerhin, soweit ich wusste, das wertvollste aller Rauschgifte, das nicht maschinell, sondern in Sklavenarbeit in den Hutt-Territorien fabriziert wurde.
Das brachte mich wieder auf den Gedanken, dass wir ursprünglich nicht Ssavaarl hatten treffen wollen.
"Ihr bleibt noch?", fragte ich ihn deswegen.
"Wie Ihr seht. Ich sssagte doch, ich bin noch verabredet." Das hatte er gesagt, aber nicht, dass es derselbe Ort sein würde. Der T'doshok folgte irrationalen Gedankengängen, obwohl er um einiges leichter zu verstehen war als ein von Seelenregungen kontaminierter Mensch. Selbst der Omwati war für mich ein größeres Rätsel, aber dass der Reptiloid sich nicht verständlich ausdrückte, enttäuschte meine Hoffnungen, außerhalb Khomm auf geistig höherstehende Intelligenzen zu stoßen, doch ein wenig. "Und glaubt nicht, ich hätte mir diesen Platz ausgesucht."
Plötzlich blickte er alarmiert auf. Ich wusste nicht, was er hatte, aber auch der Omwati machte mit einem Mal einen überaus nervösen Eindruck, vermutlich aber nur wegen der Reaktion des Trandoshaners. Möglichst unauffällig blickte ich zum Eingang.
Es war jedoch nichts besonderes geschehen. Ein neuer Besucher hatte das Kino betreten. Von ihm ging keine Gefahr aus, aber das brachte mich zum ersten Mal auf den Gedanken, dass es nur diesen einen Ausgang hier gab und dass die HoloVid-Leinwand vermutlich widerstandsfähiger war, als dass man sie ohne Waffen hätte zerstören können, um in den dahinterliegenden technischen Anlagen die Flucht anzutreten. Waffen hatte ich freilich nicht dabei, denn einen alleine reisenden Khommiten würde kein Espo unbeachtet lassen. Für mich war die Bauweise dieses Kinosaals zusammen mit der Aussage des Trandoshaners ein deutliches Alarmsignal, denn wenn Hanoxan und Ssavaarl beide diesen Platz nicht ausgesucht hatten, so musste ihr jeweils erwarteter Geschäftspartner ein und dieselbe Person sein, obwohl sie von diesem Zusammentreffen nichts gewusst hatten. Die logische Konsequenz war...
"Rasch", sagte ich, "wir müssen hier heraus..."
"Was ist mich Euch, Frosk?" Der Omwati runzelte die Stirn. Er hatte sich längst wieder entspannt.
"Wir treffen dieselbe Person hier. Das riecht doch nach einer Falle!"
Der T'doshok hatte die Gefahr nun ebenfalls erkannt. "Die Espos?"
"Zweifellos." Ich war mir meiner Sache sicher.
"Woher sollten sie Wind von der Sache kriegen?" Xix wirkte nicht überzeugt. Auch ich hatte meine Zweifel, dass sie wirklich wegen eines Drogendeliktes oder dem vorangehenden Diebstahl der Rauschmittel von diesem Iennef hier waren. Ich wusste zuwenig, als dass ich ernsthafte Überlegungen hätte anstellen können, wie es dazu gekommen war. Vordergründig wichtig war nur unser sofortiger Rückzug.
"Iennef", sagte Ssavaarl. "Ich hätte es ihm nicht zugetraut, aber er hasst mich. Und dich, Xix Hanoxan, mag er auch nicht besonders."
"Was auf Gegenseitigkeit beruht. Also, verschwinden wir."
Wir standen möglichst unauffällig auf und ich bemühte mich, im Sichtschatten meiner beiden Begleiter zu bleiben, um nicht doch noch als evolutionäre Neuentdeckung in die Schlagzeilen einer unglaubwürdigen, aber nichtdestoweniger absatzstarken Zeitung für geistig Zurückgebliebene zu kommen. Magazine wie der unseriöse 'Galactic Observer' hätten wahrscheinlich einen ganzseitigen Aufmacher aus dem 'Khommiten im Kino' gemacht, dessen war ich mir sicher. Auch diese Branche war schließlich nur auf Profit aus und hätte mich aller Wahrscheinlichkeit nach lächerlich gemacht. Vor allem hätte es aber mein Volk auf meine Spur gebracht. Aus dem Khommiten im Kino wäre ganz schnell ein Khommite auf dem Schafott geworden.
Ich hatte Glück. Niemand wurde auf mich aufmerksam, was logischerweise damit zusammenhing, dass sich gerade der Höhepunkt der grauenvoll konstruierten Raumschlacht abspielte. Nebenbei fand mein Verstand auf dem Weg nach draußen auch eine Erklärung dafür, warum Ssavaarl und Xix sich nach der Erwähnung von Iennefs Namen so schnell geeinigt hatten und Xix sicher etwas mehr bezahlt hätte, als die Drogen selbst im rigide gegen Rauschgifte vorgehenden Korporationssektor wert waren: Beide mochten diesen Iennef nicht, aber die Qualität seiner Rauschgifte schien dennoch ein gewisses Renommé zu genießen. Vermutlich war er ein Hutt oder ein Handelspartner der Hutts, folgerte ich. Aber im Grunde war das auch egal: Wenn er die Falle für uns konstruiert hatte, war er ein kluger Kopf, denn offensichtlich, darauf ließ der Körpergeruch des Trandoshaners schließen, war jener schon zuvor in die Notwendigkeit erhöhter Schweißproduktion geraten. Haftete ihm nicht auch der vertraute Geruch eines Feuergefechts auf einem Raumschiff an? Nur erfahrene Raumfahrer konnten diesen Geruch von vielen anderen unterscheiden, aber diesen Vorteil hatte ich genossen, immerhin hatte ich Jahrzehnte lang in den TIE-Jagdverbänden von Khomm gedient und auch an Bord der Systemwachschiffe so manches Gefecht überstanden.
Wir hatten den Ausgang kaum erreicht, als ein unüberhörbares Zischen selbst den Lärm des Kinofilms übertönte. Ich wandte mich unwillkürlich um und erkannte, dass Gas unter einigen Sitzen hervorquoll. Einige der Besucher brachen bereits nach wenigen Sekunden besinnungslos zusammen.
"Sofort heraus hier!" rief ich. "Xix, macht die Tür auf!"
Der Omwati betätigte den Türöffner, aber es geschah nichts. Das Schott blieb verschlossen und mir war klar, dass dahinter schwerstbewaffnete Espos warten würden. In meinem Kopf rasten die Überlegungen vorbei.
"Gibt es einen anderen Weg hier heraus?" rief Xix Hanoxan. Er hustete bereits. Ich griff in eine Tasche meines Gewandes und brachte eine Atemmaske zum Vorschein, die ich immer bei mir trug, seit ich einmal beinahe auf einem ausbrennenden Wrack im Qualm erstickt wäre. Auch der Trandoshan schien ein ähnliches Gerät zu besitzen, freilich aus anderen Gründen als ich. Ich glaubte zu wissen, dass er an seinem Körper, der die Reflexe und Kraft eines Kämpfers aufwies, noch so manche Überraschung bereithielt.
"Die Leinwand", sagte ich. "Habt Ihr eine Waffe, Ssavaarl?" Endlich versorgte auch mich das Atemgerät mit frischer, gefilterter Luft, und das würde es auch noch zwei oder drei weitere Minuten tun, je nach der Konzentration und Zusammensetzung des Gases. Im Hals kratzte es bereits von den schwachen Mengen, die ich aufgenommen hatte. Hanoxan musste es bereits schrecklich gehen.
Wie um meine Vermutung zu bestätigen, fiel der Omwati besinnungslos um. In militärisch erprobter Manier, dass auch bei der Möglichkeit, einen Soldaten neu zu klonen, dennoch kein Kamerad zurückgelassen werden durfte, warf ich ihn mir über die Schulter, ohne lange zu überlegen.
"Ohne Waffe kommen wir da nicht hindurch", sagte ich, und meine Stimme klang blechern. "Ihr müsst uns den Weg freischießen, Ssavaarl."
"Woher wisst Ihr...?"
"Reine Logik. Los!"
So überrascht er auch war, konnte auch er mich mit seiner Findigkeit beeindrucken. Der Trandoshaner nahm kurz die Maske vom Gesicht und würgte eine kleine Kapsel hervor, der er einen Miniaturblaster entnahm. Die Kapsel verstaute er sorgfältig wieder an ihrem angestammten Platz im hinteren Rachen und streifte sofort wieder das Atemgerät über. Ich konnte nicht anders, ich musste beeindruckt nicken. "Gute Idee."
Ssavaarl stieß einen der etwas widerstandsfähigeren Besucher zur Seite, der versuchte, seine Partnerin aus dem Gas herauszutragen. Für einen Protest reichte aber auch seine Kraft nicht mehr. Der Reptiloide sprang auf das Podest vor der Leinwand, während ich mit Hanoxan auf der Schulter hinter ihm herschritt, und feuerte mehrfach auf die Leinwand. Es kümmerte uns wenig, dass sofort der Feuer- und vermutlich auch ein Schusswaffenalarm losging: Unser Leben war ohnehin keinen Wupiupi mehr wert, wenn die Espos zu früh hier eindrangen. Unter gewaltiger Rauchentwicklung und einem widerwärtigen Gestank verschlackte das Material des Schirms und es entstand ein großes Loch mit ausgefransten, schmelzenden Rändern.
Plötzlich zischte das Türschott nach oben und Scheinwerfer erhellten den bisher noch immer bloß von der Endsequenz des Films mäßig illuminierten Saal. Plötzlich befand ich mich inmitten eines der Lichtkreise, die wohl von auf den Blastergewehren der Espos montierten Lampen ausgingen. "Halt, stehenbleiben!" rief eine befehlsgewohnte Stimme.
Den Gefallen tat ich dem Espo natürlich nicht. Ich sprang durch die von Ssavaarl gewaltsam geschaffene Öffnung, ehe die Polizisten schießen konnten. Keine Sekunde zu früh: Wo ich gerade noch gestanden hatte, kreuzten sich tödliche Laserbahnen. Das bewies mir, dass sie uns niemals hatten lebend fassen wollen. Lediglich aus Rücksicht auf die unschuldigen Zivilisten hatten die Espos ein Betäubungsgas eingesetzt. Was ich gehört hatte, legte die Vermutung nahe, dass sie auch das nur getan hatten, um eine schlechte Presse bezüglich der Station als größtes und genaugenommen einziges 'Foyer' des Korporationssektors zu vermeiden. In anderen Systemen unter Kontrolle der CSA lief ein Eingriff durch die staatlichen Behörden meist weniger glimpflich ab. Auch das wusste ich von Hanoxan, der mir in diesem Moment schwer auf die Schultern drückte und dafür sorgte, dass ich meine Sprungweite drastisch überschätzte.
Dennoch schaffte ich es, hinter die noch immer brennende Leinwand zu gelangen. Hinter mir klangen zornige Stimmen auf. Ich blickte mich nach Ssavaarl um. Der Trandoshaner stand unmittelbar neben dem ausgefransten Loch und hatte mit seinem winzigen Blaster für Deckungsfeuer gesorgt. Augenscheinlich hatte er dabei auch einen der Espos getroffen, als der gerade auf mich zielen wollte. Vermutlich hatte das Hanoxan und mir das Leben gerettet.
Ich verschwendete keine Atemluft für einen Dank, sondern folgte Ssavaarl, der sich hier hinten verdächtig gut auskannte. Vielleicht hatte er sich rechtzeitig, ehe er in die Falle ging, ortskundig gemacht, und das sprach sehr für seine Qualitäten als Kopfgeldjäger. Inzwischen zweifelte ich nicht mehr daran, dass er einer war und Auftragsbaissen gelegentlich mit anderen Aufträgen ausbesserte. Eine Art Freelancer schien er zu sein, der immer das nahm, was ihm für den Moment und ohne Rücksicht auf die Gesetze oder das Wohlergehen anderer den meisten Profit einbrachte. Jedenfalls hatte er deutlich bessere Überlebensstrategien an den Tag gelegt als Xix Hanoxan, der, wie ich vermutete, als nächstes zu einer Lungenentgiftungsstation musste. Glücklicherweise gab es auch im Korporationssektor auf fast allen besiedelten Planeten vollrobotische Kurkliniken, die ihre Fähigkeiten von einfachen Massage- und Körperpflegeprogrammen bis hin zu mittelschweren chirurgischen Eingriffen für ein paar Münzen entfalteten. Das war der Vorteil, in einer hochstehenden Zivilisation zu leben.
Doch soweit waren wir noch nicht. Für mich bestand kein Zweifel, dass unsere Gesichter bereits jetzt auf den Fahndungsplakaten der Sektorverwaltung etliche Wände zierten, und wie es aussah mit dem unschönen Zusatz: 'Tot oder lebendig.' Immerhin löste das meine letzten Bedenken, gegen die Ordnungshüter Gewalt anzuwenden, in Luft auf. Hier ging es um mein Leben oder das ihre. Wir brauchten vorerst ein Versteck, dann Waffen und ein Schiff, um von Restpoint zu entkommen.

Unser Vorsprung weitete sich schnell aus, denn trotz meiner glücklicherweise nicht allzu schweren Last war ich dank meines Trainings den meisten Menschen an Ausdauer überlegen. Unnötig zu erwähnen, dass der Trandoshaner sich zwar nicht dazu bereit erklärte, mir mit Hanoxan zu helfen, aber immerhin rasch die Richtung angab.
Diesmal hätte sich Xix' Philosophie mit dem Schutz in der großen Masse übrigens als falsch erwiesen, aber das hätte einem auch nur annähernd logisch denkenden Wesen von vorneherein klar sein müssen. Mit einem Bewusstlosen auf der Schulter und verfolgt von Polizeipfeifen hätte sich die Menge höchstens auf uns gestürzt, um spätere Repressalien wegen mangelnder Unterstützung oder gar ein wildes Feuern in die Menge durch die Espos zu vermeiden. Das wusste auch Ssavaarl, und mit dem Instinkt eines erfahrenen Pfadfinders brachte er uns nach den technischen Anlagen durch einige weniger belebte, weil dem technischen Personal der Station vorbehaltene Korridore endlich in einen Bereich, wo die verräterischen, allgegenwärtigen Überwachungskameras weniger wurden und schließlich gar nicht mehr auftauchten. Wir gelangten in die unteren Ebenen der Station, die Versorgungs- und Maschinenbereiche.
In einer Wartungsschleuse oberhalb eines Turboliftschachtes, der die niederste Publikumsebene mit der darunterliegenden obersten Mannschaftsetage verband und wohl noch tiefer in die technischen Eingeweide der Station führte, machten wir Rast. Eine Stunde lang hatten wir mehrfach die Decks gewechselt und viele Kilometer auf verworrenen Pfaden zurückgelegt. Einmal wären wir beinahe entdeckt worden und Ssavaarl war zum zweiten Mal dazu gezwungen worden, einen Espo zu töten, ehe dieser Verstärkung herbeirufen konnte. Die verräterische Leiche hatte er sich übergeworfen und wenig später in einem Müllschacht entsorgt, wo sie so schnell keiner finden würde. Jetzt aber benötigten wir beide dringend eine Pause und Xix Hanoxan medizinische Versorgung. Er schien wieder zu sich zu kommen, obwohl es uns an Medikamenten mangelte.
"Ihr habt Euch da draußen gut geschlagen", hörte ich wie von ferne die Stimme des T'doshok, während ich mich darum bemühte, Hanoxan in eine Position zu bringen, die ihm das Atmen erleichterte. Mittlerweile trug er längst meine Atemmaske, damit er wenigstens nicht weitere schädliche Giftstoffe einatmete und sich seine Vesikel, so nannte man die Lungenbläschen medizinisch, mit reinem Sauerstoff von der Überanstrengung erholen konnten. Meine medizinischen Kenntnisse waren zwar ausgesprochen gering und der Metabolismus eines Khommiten weicht doch um einiges von dem eines Omwati ab, aber ich hoffte, dass zumindest der fast hundertprozentige Sauerstoff ihm nicht schaden konnte. Xix hustete gequält und versuchte instinktiv, aus seiner Schonhaltung aufzustehen. Ich hielt ihn fest.
"Danke, Kopfgeldjäger", sagte ich endlich. "Ihr seid ein guter Schütze."
"Überlebensnotwendig, wenn man sich unter Menschen aufhält oder artverwandten Spezies", versetzte der Trandoshaner knapp und gab mir damit zu verstehen, dass er mich zwar nicht als Menschen, aber doch als einen nahen Verwandten der wohl weitest verbreiteten Spezies zwischen den Sternen betrachtete. Damit war auch ich ihm einigermaßen suspekt und das hatte sich trotz unserer bisherigen, notgedrungenen Zusammenarbeit, freilich noch längst nicht gelegt. "Ihr seid doch Khommite, nicht wahr?"
Ich hatte eigentlich angenommen, dass er nicht mehr fragen musste, zumal er mich vorhin im Kinosaal eindeutig erkannt hatte. Aber ich konnte nicht logisch fundieren, warum ich das vermutet hatte. Vermutlich hatte mich mein Selbstverständnis als überlegener Denker zu dem Trugschluss geführt, dass alle konfuseren Wesen doch zumindest einen Logiker von Khomm an der Nasenspitze erkennen konnten, schon weil es immer der Wesenszug aller Fühlenden ist, sich nach überlegenen Wesen zu orientieren. Vielleicht war ihre Konfusion aber auch die Ursache dafür, dass sie den Khommiten nicht zugestanden, was ihnen meiner Meinung nach eigentlich hätte angedeihen müssen. Mein Volk war die einzige Spezies mit Ausnahme weniger, aber technologisch weiter zurückstehender Rassen, welche die Gefahr eines fortschreitenden Degenerationsprozesses einer natürlichen biologischen Entwicklung erkannt und sich völlig auf das Klonen und den Erhalt der perfekten Spezies umgestellt hatte. Das war ein Ergebnis weiser, kollektiver Entscheidungen, zu denen kein anderes Volk bislang fähig war, und das prädestinierte uns genaugenommen für eine Führungsposition.
Aber wir waren dennoch, was mein erster Trugschluss war, nicht unbedingt bekannt in der Galaxis, denn wir hatten, aus demselben Anspruch der Weisheit heraus, beschlossen, uns möglichst wenig in nichtkhommitische Angelegenheiten einzumischen. Aus der biologischen Degeneration wäre eine geistige Verflachung geworden, ebenfalls eine, vielleicht sogar noch schneller voranschreitende Gefahr für unser Volk. Die von seichter HoloVid-Idiotie verdummten Fremdgeschöpfe, allen voran der sogenannte moderne Mensch, hätten es unter Umständen geschafft, die reine Lehre der Vernunft zu gefährden, und am Ende hätte gar ein Khommite darauf bestanden, die bisherige, perfekte Lebensweise einem skurrilen Traum vom Individualismus zu opfern. Welch ein Hohn wäre das gewesen! Nein, wir Khommiten blieben lieber unter uns, sofern das möglich war. Ich konnte zu meinem größten Bedauern nicht mehr zurück.
Der Trandoshaner deutete mein Schweigen indes als Zustimmung. "Welche Nummer?"
"Bitte?" Ich hatte seine Frage zwar verstanden, wurde jedoch von einem erneuten Hustenanfall Hanoxans abgelenkt.
"Welche Zuchtreihe?"
"Ihr meint: Welche Generation?"
"Wie auch immer." Der T'doshok winkte ab, eine fast aufgesetzt wirkende, menschliche Geste. Er musste schon lange in diesem kosmopolitischen Schmelztiegel der Völker leben, das zeigte sogar sein ganzes Erscheinungsbild. Zum ersten Mal musterte ich ihn richtig. Seine Kleidung schien dem Schnitt nach den mandaloreanischen Körperpanzern entlehnt, aber eine Sonderanfertigung zu sein, die ihm viel Bewegungsfreiheit ließ. Ssavaarl benutzte einen rodianischen Miniaturblaster, eine Kheth-saw, und vermutlich führte er einige weitere, nicht von gängigen Herstellern oder seiner Heimatwelt stammende Ausrüstungsgegenstände. Die Atemmaske war jedoch ein Standardmodell gewesen, und bisher hatte ich von seinem übrigen Besitz noch nichts gesehen.
"Ich bin Frosk 117", antwortete ich schließlich und spürte seinerseits die scharfen Augen des Diebes auf mir ruhen. An mir war nichts besonderes. Wie viele Khommiten war ich recht groß und von durchschnittlicher Statur, dabei ein wenig besser trainiert als so mancher meiner Kameraden bei der khommitischen Raumabwehr. Meine Haut hätte ein Mensch als bleich beschrieben und als einzigen Unterschied zu richtigen Menschen wohl den völlig haarlosen Schädel genannt, der von mehreren knochigen Graten geziert wurde.
"Was macht Ihr hier, so weit weg von Khomm?"
"Das geht Euch nichts an."
"Ein Nichtkonformer, wie?" Der T'doshok ließ eine Art Glucksen hören, das ich als amüsiertes Lächeln interpretierte. Mich jedoch beleidigte der Vorwurf, nicht in das vom Staat geforderte Bild zu passen, zutiefst. Er konnte das nicht wissen, weshalb ich ihn nicht sofort zur Rechenschaft dafür zog.
"Unsinn. Alle Khommiten sind konform zu unserer Ideologie."
"Meint Ihr? Ich finde, Ihr klingt eher wie einer dieser Extremisten."
"Ihr klingt wie jemand, der zuwenig über Khomm weiß, um darüber reden zu können", versetzte ich.
"Wie Ihr meint, Frosk 117. Aber ich bin mir sicher, dass Ihr einer jener ideologischen Extremisten seid, und dass Ihr deshalb verbannt wurdet. Auch Extremismus ist nicht konform."
Xix Hanoxan kam endlich zu sich. Das ersparte Ssavaarl zumindest eine gehörige Tracht Prügel.


[Tyrn]
Ort: Oberes Promenadendeck im großen Foyer
Zeitindex: 2.0428 Galaktische Standardzeit

Zu Dutzenden drückten sich Menschen, Nikto, Duros und Twi'lek sowie andere Fremdwesen aller Rassen an mir vorbei. Weit und breit war ich der einzige Nautolaner, aber das war nicht besonders schlimm. Ich sah hier auch einen Feeorin, einen Wookiee, einen winzigen Xixto und einen Chadra-Fan alleine herumlaufen. Seit ich Glee Anselm verlassen und damit den ewig drohenden kalten Krieg zwischen den Anselmi und den Nautolanern hinter mir gelassen hatte, war ich die meiste Zeit alleine gewesen. Jedi brauchen keine Freunde, denn die Macht ist ihr Verbündeter. Mitstreiter sind ihnen stets willkommen, doch Freundschaften verwirren den Geist und trüben den Sinn für die richtigen Entscheidungen.
Es war nicht so, dass ich keine Freunde gehabt hätte, aber der Gedanke tröstete mich darüber hinweg, dass sie auf Glee zurückgeblieben waren. Ich war noch lange kein Jedi, das wusste ich, aber die Macht war stark in mir. Ich hatte sämtliche Aufzeichnungen gelesen, die in den Archiven meines Volkes und sogar denen der Anselmi über die Jediritter vorhanden waren, doch bis auf einige Beschreibungen geistiger Übungen zum Erreichen eines meditativen Trancezustandes hatte ich nichts gefunden, das mir von mehr als theoretischem Wert gewesen wäre. Ich brauchte einen Meister!
Ungeduldig trat ich von einem Fuß auf den anderen. Ich war in Eile, erregt und gespannt, spürte aber auch die Last des Alltags und ein wenig Verliebtheit. Mit Hilfe der Macht drängte ich diese Gefühle zurück, die ich von den Wesen um mich herum reflektierte, die mein Gehirn wie eine riesige Gefühlsantenne aufsaugte und sogleich in meinem eigenen Befinden wiedergab. Viele Nautolaner liebten es, sich von solchen Fremdemotionen treiben zu lassen, andere mieden lieber die Masse. Mir war es gleich. Ich konnte diese Gefühle beherrschen, wenn ich mich darauf konzentrierte, eine kleine Geistesübung, deren Kenntnis ich auf die allgegenwärtige Macht schob.
Ich wusste viel über die Jedi und ihre Gebräuche, aber nicht, wo ich noch einen Meister finden sollte. Ich wollte ein Jedi werden, es war von großer Bedeutung für mich und ich fürchtete nicht die Entbehrungen, die auf diesem steinigen Weg meiner harrten. Im Geiste sah ich mich schon an der Seite meines Meisters den Jahrtausende alten Konflikt meines Volkes mit den Anselmi beilegen und im Kampf gegen das tyrannische Imperium und die Despotin von Hapes, im Dienste der Gerechtigkeit. Doch nicht einmal ein Lichtschwert besaß ich! Wie auch, man konnte ja nicht einfach welche im Laden an der Ecke für ein paar Credits kaufen wie einen in der zugrundeliegenden Technologie weitaus komplexeren Laserblaster. Niemand außer der Jedi hatte je einen gewollt, also hatte auch nie jemand sie hergestellt. Die Jedi hatten die Geheimnisse um ihre Fertigung immer für sich behalten. Ob in den großen Archiven auf Coruscant wohl noch Unterlagen existierten?
Als die Fremdemotionen abflauten, blieb die Ungeduld zurück, denn sie ging von mir selber aus. Es gab Gerüchte, dass Luke Skywalker, der letzte große Meister, welcher Darth Vader und Imperator Palpatine besiegt hatte, mein großes Vorbild, in diesem Sektor nach Schülern suchen sollte, und deshalb war ich nach Restpoint Station gekommen. Vielleicht war er hier, einer der vielen Tausend Besucher dieser riesigen Prestigestation, wo er unter Lebewesen aller Couleur nach in der Macht starken Personen Ausschau halten konnte. Genau wie ich, aber ich suchte jemanden Bestimmtes. Dafür stand ihm das Wissen um die Macht zur Verfügung. Ich selbst fühlte mich wie ein Blinder in einer von Licht durchfluteten Kathedrale, der sich mühsam vorantastet und nur den aller geringsten Hauch der prächtigen Wesenheit des monumentalen Bauwerks erhaschen kann, weil gnädige Wesen ihm zuvor Markierungen und Orientierungshilfen hinterlassen haben.
Dennoch hatte ich schon bei meiner Ankunft vor drei Tagen gespürt, dass Luke Skywalker nicht hier war, nicht einmal in diesem System. Ich konnte das Gefühl an nichts festmachen, ich wusste es einfach; aber ich wollte auch nicht einfach aufgeben. Außerdem hatte ich eine neue, verheißungsvolle Spur entdeckt und nur deshalb war ich noch hier. Es war in der Nähe gewesen, in einem kleinen Bistro auf dem oberen Promenadendeck, von dem aus ich in das gigantische Foyer hinunterblickte und dem scheinbar geistlosen Gewusel der Ameisen dort unten zusah. In dem Bistro hatten sich zwei Männer unterhalten, einer von ihnen brüstete sich vor dem anderen wie ein eitler Geck vor dem anderen mit seinem Erfolg und seinen zahllosen luxuriösen Spielereien, die ihn gewiss, dessen war ich mir sicherer, nicht ein Deut glücklicher machten. Dennoch hatte ich aufgehorcht und die Neugier des zweiten Gesprächspartners so gründlich reflektiert, dass ich mich hatte bemühen müssen, den Angeber beim Kragen zu packen und ihm die Neuigkeiten herauszuprügeln.
Freilich... auch das waren alleine meine Emotionen gewesen. Mitunter ist es selbst für einen Nautolaner schwer, zwischen dem eigenen und dem fremden Einfluss zu unterscheiden. Aber was ich gehört hatte, hatte die längst erloschenen Hoffnungen von neuem entflammt.

Meine Ungeduld verstärkte sich, als ich mit dem Blick auf einen riesigen Zeitanzeiger gewahrte, dass der verabredete Termin längst verstrichen war. Die Zeitanzeige, die neben der Ortszeit des Planeten und verschiedenen anderen geläufigen planetaren Zeiten wie denen von Nal Hutta, Corellia, Yaga Minor und Mon Calamari auch die galaktische Standardzeit zeigte (welche sich am Terminator durch den imperialen Palast auf Coruscant orientierte), war schon ein gutes Stück weit über die veranschlagte Zeit hinausgeklettert und laut meinen Informationen war es nicht Ssavaarls Art, einen Auftraggeber warten zu lassen.
Obwohl auf mich freudige Impulse einströmten, wandte ich mich schließlich ärgerlich zum Gehen und betrat ein nahegelegenes Informationsbüro, bei dem man unter anderem seine persönlichen Nachrichten abfragen konnte. Um nicht mit den Gesetzeshütern des Korporationssektors zu kollidieren, sorgte ich vor dem Datenzugriff auf meine HoloMail-Konten für ein verstärktes Sicherheitsmaß, indem ich die sicher angebrachten Abhör- und Mitlesevorrichtungen vermittelst eines winzigen Gerätes aus der Produktion der ortsansässigen Chadra-Fan außer Betrieb setzte. Diese neueste Errungenschaft hatte ich von einem sehr freundlichen kleinen 'Techniker' für einen Spottpreis erstanden, und sie funktionierte erfreulich gut. Sogar die Anzahl der überbrückten Spionageeinheiten zeigte sie mir an. Es waren zwei Geräte, irgendwo unter dem Gehäuse des simplen Nachrichtentransceivers versteckt.
Als ich auf eine Nachricht von Ssavaarl stieß, wurde ich sofort misstrauisch. Er hatte mir wenige Minuten vor Mitternacht geantwortet: "Wenn Ihr die Ortsverlegung unbedingt wünscht, werde ich da sein. Aber den Eintritt zahlt Ihr mir wieder." Das verwirrte mich. Weder hatte ich den Treffpunkt verlegt, noch hatte ich irgendeine Ahnung, den Eintritt zu welcher offensichtlich öffentlichen Einrichtung er damit meinen konnte. Irgendetwas stimmte nicht mit Ssavaarl und da sein Erfolg in meinem größten Interesse stand, war es logisch, dass ich der Sache nachgehen musste. Außerdem hatte ich ihm am Vorabend von meinem Verhandlungsmisserfolg mit diesem Iennef berichtet und er hatte für seine Dienste ein zwar vergleichsweise geringes Entgelt, aber dennoch die Hälfte im Voraus verlangt.
Da ich nun nicht mehr der wohlhabendste Jedianwärter auf dieser Station war, musste ich Nachforschungen über seinen Verbleib anstellen. Es gab nicht allzu viel hier, für das man Eintritt zahlen musste. Da waren die öffentlichen Hygiene- und Sanitätseinrichtungen, einige Unterhaltungsstätten und ein paar Museen. Da er nicht misstrauisch geworden war, schien ihm mein Treffpunkt nicht allzu ungewöhnlich vorgekommen zu sein, also schieden Museen und Hygienezentren aus, denn dort war man im Regelfall nicht in der Nähe einer Menschenmenge, in der man, wie er sagte, rasch untertauchen konnte. Blieben also die Holokinos, Tanzbars und so weiter. Davon gab es hier mindestens dreißig. Ich schluckte hart, dann beglich ich meine Rechnung und verließ das Informationsbüro. Beinahe sofort, als ich wieder die Luft des Foyers atmete (und mich danach nach einem ordentlichen Tauchgang sehnte), strömten neue Emotionen auf mich ein. Todesangst, Hektik, Pein. Ich wusste, dass ich auf dem richtigen Weg war, als ich noch in derselben Sekunde zu ihrem Ausgangspunkt aufbrach.

Drei Minuten später und nach vier Deckwechseln erreichte ich den Ort des Geschehens. Vor einem unscheinbaren HoloVid-Kino angekommen, musste ich mich durch fliehendes Volk kämpfen, das sich vor einer größeren Gruppe Espo-Polizisten in Sicherheit brachte. Mir war sofort klar, dass dieses Kino der in Ssavaarls Nachricht genannte neue Treffpunkt hätte sein sollen, für den ich ihm den Eintritt wiedergeben sollte. Ich besaß den Vorteil, dass ich bereits typische Emotionen des Trandoshaners aufgefangen hatte und somit vielleicht wiederentdecken konnte, doch so sehr ich auch die Gefühle der Personen in der Umgebung reflektierte, ich konnte ihn nicht herausfiltern. Entweder war er nicht hier, oder er strahlte keine Emotionen mehr ab. Dann war er entweder ohnmächtig oder tot. Der Geruch verbrannter Isolation und Wandverkleidung lag in der Luft und aus dem Kinoeingang kräuselte ein dünner, schwarzer Rauchfaden, was mir deutlich klarmachte, dass eher letztere Option gegeben war.
Das durfte nicht sein! Ssavaarl war für mich Mittelsmann zu einer lange gesuchten Gelegenheit. Ich musste mich unbedingt vergewissern.
Als ich näherkam, drängte mich ein Espo mit unmissverständlich abweisendem Gesichtsausdruck zurück. Er sorgte dafür, dass die wenigen Schaulustigen, die sich trotz der schwerbewaffneten Polizisten in die Nähe der Razzia (zumindest sah es wie eine aus) begeben hatten, nicht die Aktion störten. Dennoch konnte ich die Meldung eines Espos bei einem Leutnant mithören, die jener mit deutlicher Verärgerung quittierte:
"Sir, die drei Gesuchten sind durch die Leinwand entkommen. Mindestens einer von ihnen muss eine Strahlenwaffe besitzen."
"Versager! Treiben Sie sie auf", ordnete der Befehlshaber an, "und schaffen Sie mir die Trottel an meinen Schreibtisch, welche diese Verbrecher bewaffnet auf die Basis gelassen haben. Ich dulde weder Gewalt noch Drogen in meinem Bezirk!"
"Natürlich, Sir. Sonst noch etwas?"
"Überprüfen Sie diesen Iennef, Sergeant. Er hätte uns sagen müssen, dass der Trandoshaner bewaffnet ist. Ich wette, dieser Kerl glaubt, mit seinem Tipp hat er sich aus der Schusslinie gebracht, und er wird nun unvorsichtig. Vielleicht können wir ihn endlich des Drogenschmuggels überführen."
"Ja, Leutnant Harvek. Abmarsch, Leute!"
Ich wusste damit genug und auch, wie der Name des Polizeioffiziers hieß. Vielleicht konnte das nochmals wichtig werden. Mein Gehirn blockte mit einiger Mühe erneut die Emotionen ab, während ich mich zum Gehen wandte, und spielte parallel die möglichen Fluchtwege der drei Gesuchten durch. Es schien so, als hätte Ssavaarl sich mit zwei anderen Personen zusammen einen Fluchtweg in die unteren Sektionen freigekämpft, wo hauptsächlich Techniker und Bordpersonal Zugang hatten. Ich hätte ihnen folgen können, aber das hätte mich zuviel Zeit gekostet. Außerdem musste auch der Dieb Wert darauf legen, sich erneut mit mir zu treffen, um das restliche Geld einzukassieren, das ich ihm schuldete; vorausgesetzt, er hatte seine Mission erfüllt.
Diese Überlegung ließ mich erneut in ein Informationsbüro marschieren, wo ich nach denselben Manipulationen wie zuvor schon eine verschlüsselte Nachricht an Ssavaarl absetzte. Wenn er klug war, würde er sich bald neu orientieren und versuchen, seine Post abzurufen. "Wenn Ihr noch lebt, würde ich gerne unser Geschäft abschließen", schrieb ich ihm. "Vermutlich hat Iennef Eure Nachrichten abgehört, denn laut der Polizei hat er jenen den Tipp gegeben, dass Ihr mit Drogen handelt und wo man Euch finden kann. Da diese Verbindung nicht mehr sicher ist, sucht einen anderen Weg, mit mir Kontakt aufzunehmen. Ich kann Euch später einen Dechiffriercode für verschlüsselte Nachrichten mitteilen, sobald ich weiß, dass Ihr noch lebt. Falls Ihr an der Echtheit dieser Nachricht zweifelt: Ihr beschwertet euch bei unserem ersten Aufeinandertreffen darüber, dass man auf dieser riesigen Station nirgends Energiezellen für SoroSuub-Codeunterbrecher bekommt. Ich warte an dem Ausweichtreffpunkt, den Ihr mir bei unserem letzten persönlichen Gespräch genannt habt." Ich verzichtete darauf, die Nachricht zu signieren, genau wie er es bisher nicht getan hatte, um die Möglichkeiten einer Rückverfolgung möglichst zu eliminieren.
Dann begab ich mich an die vereinbarte Stelle und setzte mich in der Nähe in ein Freiluftcafé. Auf Restpoint gab es sogar Bäume, ein ganzes Arboretum, als hübscher Park mit hapanischen und ithorianischen Stilelementen angelegt, in dem sich zu hunderten die Besucher an der herrlichen Vegetation sattsahen. Restpoint Station war noch nicht lange für den Publikumsverkehr geöffnet, aber schon jetzt galt das Arboretum als Geheimtip unter Freunden des grünen Daumens. Am Rande des Arboretums, das mit seiner reinen Nutzfläche an Beeten, Gärten und Waldgrüppchen und den zugehörigen hydroponischen Gärten, Energieversorgungs- und Frischluftgeneratoren sowie der komplizierten Bewässerungsanlage ein ganzes Kuppelmodul der Station ausfüllte, setzte ich mich also in eines jener Cafés und trank mindestens sechs Tassen Stimtee. Am Ende des Vormittags, kurz vor der Mittagszeit kam Ssavaarl. Er brachte ein paar Begleiter mit.
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Post by Jessica Mind » 10. May 2005 23:20

[Sanya Bekna]

Ort: Frachter ‚Lyquaze’, Andockbuchse 27-KV, Restpoint Station
Zeitindex: 2.0216 Standardzeit

Ich zog zum dritten Mal an dem Teil, dass sich verfangen hatte, aber die Worte ‚Du hast keine Chance, Darling.’ trafen es sehr deutlich. Deprimiert warf ich den Hydroschlüssel wieder in die Kiste und schnupperte dann an meiner Kleidung, was meine Stimmung nicht unbedingt verbesserte. Der Geruch, denn ich da sofort erkannte, zeugte von stundenlanger Arbeit in Maschinenraum und Brücke der ‚Liyquaze’. Dieses Schiff gehörte meinem, nun… Freund Dhan. Eigentlich waren wir kein festes Paar. Vielmehr lebte ich von seinem Geld und hielt dafür sein Schiff und sein Sexleben in Schuss. Seid der Trennung von meinen Eltern war dies hier die erste Möglichkeit gewesen mich von echten Schwierigkeiten fern zu halten. Ich war nicht versklavt worden und konnte frei über mich und mein Leben entscheiden. Obwohl die meisten Leute vielleicht behauptet hätten, dass ich keine andere Wahl mehr hatte, als Dhan zu folgen. Aber dem war nun mal nicht so. Eher im Gegenteil. Dhan war froh jemanden wie mich bei sich zu haben und das bisschen Geschlechtsverkehr, dass wir hatten, taugte nicht viel. In Wirklichkeit, das wusste ich, war ich nicht sein Geschmack. Er mochte menschliche Frauen lieber und meine Gesellschaft war eine Notwendigkeit. Als Technikerin und Co- Pilotin diente ich hauptsächlich auf dem Xiytiar-Transporter, wobei ich die Leitung über die Crew übernahm. Dhan selbst war mehr ein Passagier als ein Crewmitglied und bezog auch gleich zwei Quartiere gleichzeitig. Die beiden Passagierkabinen waren zusammengelegt worden, sodass es einigermaßen gemütlich an Bord des Schiffes wurde. Mola, der ziemlich hässliche Navigator des Schiffes, teilte sich das Quartier mit dem eigentlich Piloten der ‚Liyquaze’. Sein Name war Omu. Die beiden verstanden sich eigentlich überhaupt nicht, was wohl hauptsächlich daran lag, dass Mola das Imperium gerade zu vergötterte, während Omu eher der neuen Republik zugetan war. Regelmäßig trugen die beiden den Krieg der beiden Staaten auf der Brücke aus. Beim letzten Streit hatten sie eine Konsole beschädigt und eben jene versuchte ich gerade zu reparieren.

„Wie sieht es aus, Schneck?“, fragte die unglaublich tiefe Stimme von Kz’a hinter mir. Ich blinzelte leicht, dann lächelte ich. „Bald fertig, aber das Teil krieg ich nicht raus.“, erklärte ich ihm und trat von der Konsole zurück. Kz’a war ein großer, stattlicher Mann von etwa 35 Jahren. Er war ein Hapaner und schon vor langer Zeit aus dem hapanischen Raum geflüchtet. Genau wie die meisten anderen freute er sich auf den Urlaub, half aber noch beim Herausputzen des Schiffes. Der zweite Techniker, neben mir eben, umfasste das Stück Stahl, dass sich verkeilt hatte und zog nur einmal ganz kurz daran, dann löste es sich auch schon aus der Verhakung. „Ich hatte es ja auch schon gelockert…“, behauptete ich und zwinkerte. „Klar, danke, Schneck.“, antwortete er, lächelte, gab mir einen Klaps auf den Hintern und wollte die Brücke schon wieder verlassen, aber ich hielt ihn auf:“ Warte, Kz’a! Sind Dhan und Booker noch an Bord?“ „Nein. Was genau brauchst du von ihnen?“, antwortete er und befeuchtete seine Lippen. „Nichts Besonderes… Ich wollte Booker fragen, wo das Lokal ist, von dem er immer so schwärmt…“, erklärte ich dann und mischte wohl genug Enttäuschung in meine Stimme. „Du meinst bestimmt das ‚Rainbow’s Horizon’. Da kann ich dich nachher hinbringen, wenn du das möchtest.“, überlegte er laut und ich stimmte ihm sofort zu.

Restpoint Station war von jeher unser ‚Urlaubshafen’. Wir kamen hierher um unsere legale Ware an den Mann zu bringen. Das hieß: _Dhan_ versuchte unsere legale Ware an den Mann zu bringen. Meist blieben wir gleich einen Monat, oder sogar länger, wenn wir mal hier waren. Dhan reiste meist schon nach wenigen Tagen wieder ab und besuchte seine ‚Geschäftspartner’ im Bereich der CSA. Tatsächlich ging es hier mehr um den Einkauf verschiedener Kunstgegenstände und Antiquitäten. Alles Dinge, die sich zu hohen Preisen verkaufen ließen, vor allem wenn sie die richtigen Inhaltsstoffe hatten. Seid meinem 19. Lebensjahr war ich auf der ‚Liyquaze’ und die meisten anderen, mit Ausnahme von Mola, waren sogar noch länger als ich an Bord. Als ich Dhan zum ersten Mal getroffen hatte, war ich verzweifelt und einsam gewesen. In meiner Naivität war ich ihm gefolgt. Dass er mit Drogen und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch mit Sklaven handelte und der Antiquitätenhandel bloß ein Hobby war, hatte ich nicht wissen können. Ich war die einzige Frau an Bord, aber selbst wenn nicht Dhan von sich aus dafür gesorgt hätte, das mir nichts passierte, waren da noch Booker und Omu. Die beiden waren von jeher die besten Freunde und hätten sofort ihr Leben für mich gegeben. Zugegeben: vor Booker habe ich fast schon Angst. Das erste Mal als ich ihn sah, da wäre ich beinahe gestorben vor Schreck, weil er da keine Sonnenbrille getragen hatte. Booker war ein Miraluka. Diese Spezies verfügte über keine Augen. Aus diesem Grund erschrak ich auch vor ihm. So ohne Brille oder Kapuze war ihm diese Art von Reaktionen aber fast immer sicher. Sein wirklicher Name war Eloun Culu, aber er wurde schlicht ‚Booker’ genannt. Warum das so war wusste keiner. Was ich aber herausfand war, dass die Miraluka sehr wohl sehen können und zwar durch die Macht. Jeder von ihnen kommt machtsensitiv zur Welt und nimmt seine Umgebung durch die Macht war. Anfangs fand ich es eigenartig und ich fürchtete mich vor ihm, aber bald merkte ich, dass er ein freundlicher, wenn auch stiller Typ war.

Omu hieß in Wirklichkeit Omumoamuomuuma, was sich keiner an Bord so recht merken konnte, oder wollte, und aussprechen konnte es schon gar keiner. Der kleine, pelzige Chefpilot war ein Squib. Omu und Booker verstanden sich jedenfalls ganz toll und ich war am liebsten in ihrer Umgebung. Kz’a und Urkreg waren die beiden Bodyguards von Dhan. Wenn der Chef, und der einzige Mensch an Bord der ‚Liyquaze’, sich für einige Zeit verabschiedete, dann waren die beiden immer bei ihm. Kz’a war zwar gegenüber Frauen unglaublich vorsichtig, was ich ganz gut verstehen konnte, und war sehr nett zu mir, aber ansonsten war er genauso roh und ungehalten wie sein sanyassanischer Kollege. Jedenfalls war mit den beiden nicht zu spaßen und selbst Booker, der mit vielen Details vertraut war und somit ein Vertrauter von Dhan war, war darauf bedacht, den beiden nicht zu nahe zu kommen.

Nun wo ich mit allem fertig war, konnte ich endlich unter die wohlverdiente Dusche. Also lief ich zu den Quartieren wo mich eine eigentümliche Szene erwartete. Kz’a und Urkreg standen vor der Kabinentür von Dhan, also auch meiner, und tuschelten. Urkreg sprach nur gebrochen Basic, weswegen sich selbst sein Getuschel unbeholfen anhörte. „Darf ich mal rein?“, fragte ich und sah die beiden mit deutlichem Respekt an. „Äh, was? Ja…“, meinte Kz’a und schob Urkreg vorsichtig nach hinten. Sofort huschte ich an ihm vorbei und öffnete die Tür mit einem Schlüssel. Doch ich zögerte bevor ich hineinging. Kz’a merkte es sofort. „Was ist los, Schneck?“, fragte er also und lächelte leicht. „Ich, äh… Warum seid ihr nicht bei Dhan und Booker?“, wollte nun ich wissen und warf dabei einen nervösen Blick zu Urkreg, der bereits die Augen verräterisch misstrauisch zusammenzog. „Wir haben nen Spezialauftrag, wirst schon sehen, Schneck.“, erklärte ihr der Hapaner, zwinkerte und zog dann seinen Kumpel den Gang hinunter. Irritiert sah ich ihnen hinterher. Was das wohl zu bedeuten hatte?

Jedenfalls duschte ich nur schnell und schlüpfte dann in ein hübsches Kleid, das mir Dhan einmal mitgebracht hatte. Ich hatte es erst fünfmal komplett durchgewaschen bevor ich es das erste Mal angezogen hatte. Immer verfolgte mich die Angst irgendwo unabsichtlich Drogen mit mir herumzuführen. Das mochte auf Tatooine und Nar Shaddaa nicht weiter schlimm sein, aber hier auf Restpoint hätte dies Folgen gehabt. Ohne zu zögern griff ich nach meiner Tasche und meinem Mantel. Während ich zum ‚Schläger’- Quartier ging kontrollierte ich, ob auch alle meine Papiere in der Tasche waren. „Kz’a?“, fragte ich an der Tür, die offen stand. Der Mann trat oberkörperfrei heraus. In einer Hand hatte er seinen Mantel, in der anderen sein Hemd. Während er wortlos vor mir herging, zog er sich an und schien sich vor mir regelrecht zu schämen. Gemeinsam verließen wir die ‚Liyquaze’. Durch die Kontrollen kamen wir, wie eigentlich immer, ohne Probleme. Dhan war mit einigen der Espos sehr gut befreundet und wir hatten, mit Ausnahme von Mola und Urkreg, noch nie Probleme mit ihnen gehabt. „Also auf zum „Rainbow’s Horizon“.“, meinte Kz’a und lächelte verführerisch liebreizend.

[Eloun Culu]

Ort: Museum ‚Altertümliche Kunst’, Restpoint Station
Zeitindex: 2.0435 Standardzeit

„Wie jetzt? 7000 für das Teil?! KEINE CHANCE!“, Dhan.
„Aber…“, der Direktor.
“NEIN!!“, Dhan.
‚3…2…1…’, meine Gedanken.
„STÜMPER!!“, Dhan.
„SIR!“, der Direktor
„Booker, wir gehen!“, Dhan.
„Ja.“, ich.

Gemeinsam verließen sie das Büro des Direktors wieder. „Der hat doch nicht die geringste Ahnung!“, versetzte Dhan wütend und ich meinte nur ruhig:“ Ja.“ „Erspare mir deinen Sarkasmus!“, befahl der Mensch. „Entschuldigung.“, erklärte ich und runzelte dabei meine Stirn. Es war doch immer dasselbe. Da wollte er dem Museum etwas abkaufen, was in ihren Archiven herumlag, war aber nicht bereit den angemessenen Preis zu bezahlen. Die wenigsten Museumsdirektoren waren bereit zu feilschen. Jedenfalls war es wie immer gewesen. Dhan ging hin, fand nach kurzem Suchen, was er wollte und begann dann mit Doktor Ya’quik herumzufeilschen und jedes verfluchte Mal kam zum Schluss jenes Gespräch heraus. Früher war ich ja wirklich sarkastisch gewesen, inzwischen wusste Dhan einfach nur noch, dass ich es sarkastisch meinte. „Was denkt er?? DIESES Teil ist eigentlich wertlos! Deswegen ist es ja auch nicht ausgestellt worden!“, zeterte Dhan, während er schwungvoll die ‚Rufen’- Taste betätigte. „Nun… Es ist an die 5000 Jahre alt… Ich denke, die meisten würden es durchaus als wertvoll bezeichnen. 7000 ist ein guter Preis, ein zu guter, wenn du mich fragst.“, meinte ich vorlaut und betrat den Turbolift. „Aber keiner fragt dich!“, keifte Dhan und stellte sich neben mich. Um mich herum pulsierte alles leicht. Mein Kopf dröhnte von dem schlechten Ale des letzten Abends und obwohl ich ausschließlich durch die Macht sah, nahm ich vieles verzerrt oder eben pulsierend war. Es war schrecklich. Im Allgemeinen war ich kein Fan von alkoholischen Geträngen, aber wenn Omu mit seinem Dackelblick ankam, konnte ich selten nein sagen. Am Tag danach bereute ich es meistens, aber das bedachte ich in jenen Situationen nur selten.

„… kannst du dir das vorstellen?“, beendete Dhan gerade einen Satz. „Äh.. Ich hab nicht zugehört…“, meinte ich bloß etwas genervt. „Du bist vielleicht ein…“, begann er, brach aber ab, weil eine junge, hübsche und noch dazu menschliche Dame den Turbolift betrat. ‚Unglaublich… Kaum sieht er etwas halbwegs passables, dass er mit nach Hause nehmen kann, schon sind die verpfuschten Geschäfte Geschichte!’, dachte ich empört und verließ den Lift ohne etwas zu sagen in der nächsten Ebene. Rein zufällig hatte ich das Unterhaltungsdeck erwischt und nicht weit von meiner Position konnte ich bereits Omu sehen, der gerade mit einem Twi’lek stritt. Kurz überlegte ich noch ihn einfach den Kram selber regeln zu lassen, aber mein rattenähnlicher Freund, war dem grünhäutigen, lekkutragenden Wesen unterlegen und so eilte ich ihm also zu Hilfe. Während ich lief merkte ich, dass die beiden die Hände schüttelten und wohl alles ganz anders war, als es ausgesehen hatte. Solche Missinterpretationen passierten mir auch nur dann, wenn ich verkatert war. „Hey, Omu.“, begrüßte ich ihn, als sein Freund gegangen war. „Hey, Booker. Wo ist Sanya? Und wo ist der Chef?“, fragte der Squib sofort und sah zu mir hinauf, obwohl er sowieso keinen Augenkontakt herstellen konnte. „Der Chef ist auf der Jagd. Sanya hat noch die Reparaturen abgeschlossen, soweit ich das mitverfolgen konnte… Da habt ihr beide euch mal wieder was geliefert…“, erklärte ich ihm und ging neben ihm her in Richtung ‚Rainbow’s Horizon’. „Pah! Mola ist ein Weichei! Sogar für nen Rodianer!“, behauptete Omu und grinste breit. „Omu…“, seufzte ich nur und zupfte meine Kapuze zu Recht. Wie immer war ich darauf bedacht, dass niemand sah, dass ich eigentlich nicht hätte sehen können dürfen. Die Kapuze war weit in mein Gesicht gezogen und mit kleinen Edeltsteinen behangen um sie an jener Position zu fixieren.

Gemeinsam betraten wir unsere Stammbar. Sogar Sanya und Kz’a waren gekommen, obwohl Sanya normalerweise eine Stille Ecke im Arboretum oder in der Bibliothek vorzog und Kz’a meist in einer Spelunke anderer, weit weniger erlesener Art, herumhing. Wahrscheinlich war Urkreg bereits dort. Das ‚Rainbow’s Horizon’ war jedoch ein wirklich schönes Lokal. Im Eingangsbereich war ein großer Tresen mit Barhockern. Links neben dem Tresen führten Stiegen hinauf zur Tanzfläche, wo auch eine Bühne war. Zweimal in der Woche gab es Live- Musik, einmal in der Woche kam ein Kabarettist und sonst konnte man auch auf der Bühne tanzen. Ich war nicht gerade der beste Tänzer und freiwillig betrat ich die Tanzfläche im ersten Geschoss sowieso nie. Deswegen zog ich den rechten Teil prinzipiell vor. Ein kurzer Gang und man betrat einen großen Raum, der durch Vorhänge zerteilt wurde. In jedem ‚Abteil’ stand eine Coach, ein oder zwei gemütlich Sessel und ein niedriger Tisch. Die Bedienungen waren alles Droiden, was einen positiven Nebeneffekt hatte: man musste kein Trinkgeld geben. Die Musik hier war meist ruhig, jazzig, manchmal etwas rockiger, aber nie schrill oder so ähnlich. Für mich war es die reinste Wohltat. An Bord der ‚Liyquaze’ bestimmten Urkreg und Mola die Musik, die gespielt wurde, was bei mir nicht selten zu Kopfschmerzen führte. „Hey, Booker.“, begrüßte mich die Co- Chefin unseres Schiffes. „Hallo, Sanya.“, antwortete ich. Omu hüpfte erzürnt hoch. „Ich bin auch noch da!!“, erklärte er und quietschte dabei ganz schrecklich. „Hey, Omu…“, meinte Sanya unsicher, wie sie es oft war, aber wenigstens beruhigte sich Omu wieder, der trotz seines Alters, immer wieder solche kindischen Anfälle hatte.

Kz’a blieb zunächst ruhig, aber als ich Sanya und Omu schon in die Lounge führen wollte, hielt er uns auf. „Bleib mal, Booker. Die anderen kommen gleich.“, meinte er und deutete auf den Ausgang. Ich brauchte mich nicht umzudrehen, meine Machtsinnesfähigkeiten arbeiteten schneller als mein Körper. Die gesamte Mannschaft, einschließlich Urkreg und Mola, nahte heran. „Was ist los?“, fragte ich ihn also ohne mich zu dem umzudrehen, worauf er deutete. „Wirst gleich sehen… äh… ja… du weißt was ich meine.“, erklärte der Hapaner. „Ja, ich weiß was du meinst. Ich KANN sehen.“, erklärt ich ihm und reckte dabei mein Kinn nach vor.

Mola begann auf seiner Sprache loszubrabbeln und Omu übersetzte mir:“ Er sagt, dass der Chef gleich käme um etwas bekannt zu geben.“ Sanya wirkte nervös und sah mich auffordernd an. Als ob ich irgendwelchen Einfluss auf diesen Wahnsinnigen gehabt hätte! Tatsächlich verabscheute ich ihn und seine ‚Dragonflys’, so wurden nämlich seine Handlanger genannt. Dhan war einer von der üblen Sorte, von der ganz üblen. Selbst die Hutten hätten sich wohl nicht grausamer und liebloser verhalten können, oder zumindest spielte er in derselben Liga wie jene. Jedenfalls wurde ich ebenfalls nervös und Urkreg wies uns dann an, hinein zu gehen.

„Guten Tag, meine lieben Damen und Herren. Was darf ich Ihnen helfen?“, fragte ein Droide im Eingang. Eigentlich wollte ich meinen Stammplatz ordern, aber Kz’a war schneller. „Wir haben reserviert unter der Nummer 335612.“, klärte er den Droiden auf. „Natürlich. Bitte folgen Sie mir.“ Also marschierten wir hinter dem Droiden her und zu meinem dröhnenden Kopf und der Nervosität kam jetzt auch noch das ungute Gefühl in eine Falle getappt zu sein. Der Droide führte uns zu einem größeren Bereich, der wohl eigens hergerichtet worden war. Alle setzten sich. Jeder bestellte irgendetwas. Sanya bestellte, wie meistens, ein Glas Wein. Ich wollte nur ein Glas Wasser. Ein Gespräch kam nicht wirklich zustande. Obwohl sich die Mannschaft eigentlich immer gut verstanden hatte, herrscht nun totenstille und irgendwie wollten selbst die gesprächigeren von uns, also zum Beispiel Omu, nichts sagen. Etwa eine Stunde, die scheinbar nicht vergehen wollte, warteten wir und nichts passierte. Mir wurde so langweilig, dass ich mit Hilfe meiner beschränkten Machtkräfte mein Glas schweben ließ. Sanya war wie immer schwer fasziniert und beobachtete genau, was ich da tat. Sie war einfach eine nette junge Frau, die immer noch einen Respektabstand zu mir hielt, obwohl ich nun wirklich nicht gefährlich war. Schließlich kam dann doch endlich Dhan. Er lächelte Verheißungsvoll, hinter ihm ging eine junge Frau her, die bestimmt nicht aus freien Stücken hinter diesem Kotzbrocken her rannte. ‚Eine Prostituierte… Wir sind kaum zwei Stunden hier…’, dachte ich bei mir, sagte aber nichts, weil Dhan wirklich unberechenbar war.

„Guten Abend, Leute.“, begrüßte er uns. Die Mannschaft antwortete mit vereinzelten ‚Hallo’s und ‚Hi!’s, aber rechte Freude kam nicht auf. „Ich sehe schon. Ihr wollt euren Urlaub genießen. Gut.“, meinte er und warf jedem einen Geldchip zu. Auf jedem Chip war eine mehr als nur ansehnliche Menge Geld gespeichert. Dann warf er jedem einen Quartierschlüssel zu. Dhan hatte fünf Quartiere gemietet, jeweils eines für zwei Personen. „Ihr könnt dieses Mal solange bleiben, wie ihr wollt. Das heißt: für sechs Wochen habe ich alles bezahlt. Ab dann müsst ihr selber für die Wohnungen aufkommen.“, erklärte er und grinste gehässig. Einige sahen ihn bloß verblüfft an, die meisten anderen zeterten aber bereits lauthals. „Ah, ah, ah! Bewahren Sie Ruhe, meine Herren. Ich habe ja nicht gesagt, dass ich Sie kündige! Im Gegenteil. Ich möchte, dass Sie alle weiterhin für mich arbeiten. Es haben sich nur ein paar dringende Geschäfte ergeben, um die ich mich kümmern muss. Das ganze wird lange dauern. Ein Jahr, wenn nicht länger. Solange überantworte ich dir, Sanya, das Schiff. Die Mannschaft untersteht deinem Kommando. Ricksa und Goody kommen aber mit mir.“, erklärte er seinen Angestellten. „Was?? Aber das sind meine Techniker!“, protestierte die Zabrak. „Tja… Du kannst dir ja neue einstellen!“, antwortete Dhan ruhig. „Und woher sollen wir unser Geld kriegen?“, fragte Omu, der zwar nur selten an Finanzen dachte, aber gerade jetzt dachte da wohl jeder daran. „Meine Güte! Ihr habt einen Frachter, der hervorragend ausgerüstet ist! Macht etwas draus!“, meinte nun der Mensch, lächelte leicht und fuhr sich durch das grau- schwarze Haar.

„Urkreg und Kz’a kommen ebenfalls mit mir. Der Rest… Nun… Ich zwinge euch nicht für mich zu arbeiten, aber…“, beendete er das Gespräch, lächelte noch einmal wissend und verließ dann mit den vier genannten Personen den Raum. „Gut… Jetzt sind wir völlig unterbesetzt.“, stellte Sanya fest. „Dann stell halt wirklich wen dazu ein… Die Leute müssen ja von ‚Dragonfly’ nichts wissen…“, meinte Omu und sah die Zabrak ernst an. „Da hat er recht.“, bestätigte Mola in seiner Sprache. Ratlos saßen wir beieinander. Die meisten kneteten ihre Schlüssel und nippten an ihren Getränken. Als ich später zurück zum Schiff ging, waren die Quartiere unserer Freunde bereits geräumt.

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Liyquaze. Vol. 3

Post by Dwarf Androx » 31. May 2005 20:12

[Tyrn]
Ort: Café im Foyer, Restpoint Station
Zeitindex: 2.0935 Standardzeit

Der Trandoshaner hatte sich genau wie seine Begleiter vermummt und trug einen jener Kapuzenmäntel, den viele auf Restpoint zu bevorzugen schienen; vielleicht waren sie alle Opfer einer unverständlichen Mode, womöglich war derzeit eine Art Retrolook in, der sich an dem alten Jediorden orientierte. Ich bemerkte, dass ich ähnlich gekleidet war, aber aus anderen Gründen: Ich war ein Jedi, beziehungsweise: Ich wollte einmal einer werden.
Um sich mir zu offenbaren, brauchte Ssavaarl nichts besonderes zu unternehmen. Ich hätte ihn auch so erkannt, alleine, weil ich seine Emotionen reflektierte und dadurch genau seine Erwartungshaltung und Geldgier spürte, die ihn in diesem Moment umfangen hielt. Dennoch lüpfte er kurz die Kapuze, damit ich seine zahnbewehrte Echsenschnauze sehen konnte.
Ssavaarl war genauso hässlich und übellaunig, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Ich hatte allerdings nicht erwartet, dass er gleich mit zwei Begleitern auftauchen würde. Nachdenklich fuhr ich mit der Hand durch meine Tentakelpracht und gab mir Mühe, nicht allzu neugierig auszusehen, als auch die beiden anderen ihre Kapuzen kurz hoben und ich die Gesichter eines asketischen Omwati und das breite Gesicht eines Khommiten erkannte. Obwohl ich misstrauisch war, beschloss ich, Ssavaarl zu vertrauen. Immerhin hatte er Grund, ebenfalls misstrauisch zu sein -- was ich übrigens ebenfalls spürte: er war es sogar sehr! --, denn immerhin hatte man ihn nach einer gefälschten Nachricht, angeblich aus meiner Feder, in eine Falle gelockt, aus der er offensichtlich nur mit letzter Not entkommen war.
Wie vereinbart blieb ich nicht lange sitzen, sondern erhob mich, warf einen Dezicred auf den Tisch, um meine letzte Bestellung zu begleichen und stand dann auf, um in Richtung der großen Fontäne zu spazieren. Erst dort, wo das Wasserrauschen jede Abhöranlage und jedes Richtmikrophon stören würde, vorausgesetzt, die Espos wären uns schon auf der Spur gewesen, wagte ich, das Wort an ihn zu richten.
"Wen habt Ihr da mitgebracht, Meister T'doshok?"
"Dasss geht Euch nichtsss an, Tyrn", begann Ssavaarl zischelnd, aber der Khommite kam ihm zuvor. "Frosk 117 ist mein Name, Nautolaner. Und das ist Xix Hanoxan, ein Freund."
"Freund ist etwas zuviel gesagt", wehrte sich der Blauhäutige.
"Auf Khomm gibt es ein Sprichwort: 'Not schweißt zusammen' lautet es. In Anbetracht der gestrigen Umstände..."
"Das Sprichwort gibt es überall", fuhr ihm Hanoxan in die Parade, "und ich bin Euch für Eure Hilfe dankbar, aber meine Freunde habe ich mir immer selbst ausgesucht."
Das schien Frosk 117 nicht sonderlich zu beeindrucken. Immerhin unterbrach er dieses meiner Meinung nach undefinierbar-lächerliche Streitgespräch, das nur zwischen zwei Vertretern völlig unterschiedlicher Spezies entstehen konnte, wenn sie einander wirklich nicht im geringsten verstanden. Genau diesen Eindruck hatte ich von den beiden.
"Genug jetzt", spielte sich Ssavaarl als Anführer auf. "Wir sind nicht zum Vergnügen hier."
"In der Tat", pflichtete ich ihm bei. "Habt Ihr das, wonach ich Euch geschickt habe?"
"Natürlich habe ich esss", antwortete er und brachte unter seinem Umhang ein schmales, zylindrisches Päckchen von etwa zwanzig bis fünfundzwanzig Zentimetern Länge zum Vorschein. Was sich darin befand, war in ein Tuch eingeschlagen, so konnte ich nicht sicher sein, dass seine Aussage stimmte. Ich wollte danach greifen.
Ssavaarl hob die andere Hand. Ich blickte in die winzige Mündung einer Kheth-saw. "Erst das restliche Geld!" forderte er.
"Woher weiß ich, dass das nicht nur ein Schwindel ist?" fragte ich.
"Ihr werdet mir vertrauen müssen", sagte der Trandoshaner.
"Nichts läge mir ferner", gab ich offen zu. "Zeigt es mir."
Er steckte die Kheth-saw nicht etwa ein, sondern fummelte einhändig ein Stück von dem eingewickelten Gegenstand frei. Ich nickte zufrieden. "Das genügt mir, Ssavaarl."
"Also?"
Ich überreichte ihm einen Creditchip, auf dem ein ansehnlicher Anteil meiner Ersparnisse gespeichert war. Dafür gab er mir das Päckchen. Ich befühlte es vorsichtig, dann steckte ich es in meine Tunika.
"Eine Freude, mit Euch Geschäfte zu machen", sagte ich zu dem Trandoshaner.
"Na, hoffentlich ssso bald nicht wieder", antwortete dieser. Ich konnte nur vermuten, was er damit meinte. Ich wollte mich schon abwenden, da sagte er: "Einen Augenblick, Meister."
"Stimmt etwas nicht?" fragte ich ungehalten. Ich war irritiert, denn seinen Emotionen konnte ich nicht entnehmen, worauf ich mich vorbereiten musste. Angst schien er nicht zu haben, aber er schien auch nichts Unredliches zu planen.
"Wisst Ihr vielleicht eine Stelle für meinen Begleiter hier, den Khommiten?"
"Als was?"
"Egal was. Ich tue fast alles, wenn ich nur von hier weg komme!" sagte Frosk 117. "Fast alles, das legal ist", fügte er hinzu. Offensichtlich war er durch Ssavaarls schlechte Gesellschaft rasch mit allerlei unredlichen Dingen in Kontakt geraten, die er künftig vermeiden wollte. "Ich kann kämpfen, navigieren, einigermaßen fliegen..."
"Für einen Söldner oder Kopfgeldjäger habe ich keine Verwendung und ich kenne auch niemanden, der einen bräuchte", sagte ich schroff. Ich mochte Leute wie ihn nicht, die offenkundig zwar versuchten, zuerst zu denken, bevor sie handelten, dann aber doch taten, was ihnen zuerst in den Sinn kam. Kopfgeldjäger mochte ich insbesondere nicht. Und zu etwas anderem schien mir dieser hier nicht zu taugen.
"Es war nur ein Gedanke", fügte Ssavaarl hinzu. Ich verabschiedete mich mit einem Nicken und wandte mich endgültig zum Gehen. Wenige Augenblicke später hatte ich diese Begegnung schon wieder aus meinem Gedächtnis gestrichen. Wie lehren die Jedi? Es zählt nur der Augenblick.


[Koty'na Si Kuyan]
Ort: Kiesseks Quartier, Restpoint Station
Zeitindex: 2.0958 Standardzeit

Auch auf Restpoint Station ticken die Uhren nach dem galaktischen Standard. Vierundachtzigtausend Mal ticken sie täglich im Sekundentakt, fünf Tage in der Woche und sieben Wochen im Monat, zehn Monate im Jahr. Tick-tack, tick-tack...
Es war das eintönige Geräusch von Yoriks mechanischer Uhr, das mich an der dämmrigen Grenze zwischen Schlaf und Wachzustand davon überzeugte, endlich zu erwachen. An diesem Morgen fühlte ich mich gut ausgeruht und kaum vermisste ich den Luxus eines ganz normalen, von mir aus auch verwanzten Bettes mit einem Kissen, einer Decke und einer dicken Matratze. Muskelkater kannte ich schon seit Wochen nicht mehr, vielmehr: Ich spürte ihn kaum noch, da ich ohnehin jeden Tag von Yorik aus nichtigen oder überhaupt nicht vorhandenen Gründen geschlagen wurde. Wäre meine Haut nicht ohnehin wunderbar blau gewesen, hätte man mir zahlreiche blaue Flecken angesehen. Nun, sie waren in meinem Fall eher dunkelviolett, aber auch das machte nicht viel aus, denn Yorik wusste, wo man eine Frau schlagen musste, um ihr zugleich weh zu tun und die Misshandlungen äußerlich nur so wenig wie möglich hervortreten zu lassen.
Da ich also heute morgen so etwas ähnliches wie schmerzfrei war, reckte ich mich ausgiebig, sorgte dafür, dass das besoffene Scheusal weiterschlief, zog mich aus und schlich auf Zehenspitzen ins Bad, um in dem Tornister, den Olaaf dort abgestellt hatte, nach frischer Kleidung zu suchen. Beim Blick in den Hologrammspiegel erschrak ich beinahe. Ich hatte mich seit längerer Zeit nicht mehr selbst betrachten können und ich hatte deutlich an Gewicht verloren. Früher, das gebe ich gerne zu, hatte ich beinahe etwas zuviel auf den Rippen, aber das blaue Skelett, das mir hier hohl entgegenblickte, war eindeutig zu dünn. Meine Rippen konnte man sehen, meine Wangenknochen waren eingefallen und selbst in meinem Po entdeckte ich eingefallene Stellen, die nicht etwa von Cellulitis herrührten, sondern einfach vom Nahrungsmangel kamen. Kiessek hatte bereits gesagt, dass er mich auf Diät setzen wolle, da ich zuviel kostete und ihm derzeit ohnehin nichts nützte. Aber dank Yoriks ständigen Drangsalierungen hatte ich den Hunger wohl gar nicht gespürt.

Das mechanische Geräusch des Armbandchronographen verfolgte mich bis in das Badezimmer. Dieses Geräusch konnte einem den letzten Nerv rauben; warum brauchte dieser Blödmann Yorik auch unbedingt eine mechanische Uhr? Er war einfach zu blöd, mit einem empfindlichen digitalen Zeitmessgerät zu hantieren, das war das ganze Problem.
Ich schloss die Tür und stieg, als das Geräusch endlich verstummte, in die Dusche. Dann überlegte ich es mir anders. Es war niemals gut, einen meiner Herren zu reizen, nicht einmal Olaaf, dieses weinerliche Mädchen im Körper eines Mannes, aber heute fühlte ich mich, nachdem ich die Zeichen erkannt hatte, beinahe unbesiegbar. Also stieg ich wieder heraus, legte meine Kleider bereit, und um Yorik zu ärgern, wählte ich die Kombination, die meinen schlechten Zustand am deutlichsten zur Geltung bringen würde.
Dann ging ich wirklich duschen. Wieder einmal war ich froh, keine Haare zu haben, die von mir die, wie ich von Frauen gehört hatte, zeitraubende und lästige Zeremonie des Shampoonierens gefordert hätten. Dafür wählte ich eine wunderbar duftende Hautpflegelotion, mit der ich meinen ganzen Körper sorgfältig wusch. Besonders meinen Lekku widmete ich mich intensiv, denn darauf legte Kiessek großen Wert. Ich hatte wunderschöne Lekku, selbst in diesem abgemagerten Zustand waren sie glatt, seidig und elegant. Durch die transparente Kabine konnte ich mich im Spiegel sehen. Ich hatte mich nie besonders schön gefunden, aber meine Lekku waren mein ganzer Stolz. Mein Stolz und mein Fluch. Ohne diese Dinger hätte ich fast als normale Menschenfrau durchgehen können, vielleicht als eine von Omwat, die hatten auch blaue Haut. Dann wäre ich frei gewesen. Waren Omwati nicht sogar angesehene Bürger im Imperium?
Ich wusste das zwar nicht genau, aber der Gedanke wäre berauschend gewesen, wenn nicht das ungute Gefühl dabei gewesen wäre, dass ich meine Lekku hätte stutzen lassen müssen. Eine Operation um der Freiheit willen? Das wäre für mich gleichbedeutend mit dem seelischen Tod gewesen: Wer hätte mich dann noch haben wollen, wenn mich selbst mit meinen schönen Lekku niemand wirklich begehrte, sondern nur meinen Körper? Nein, soweit wollte ich dann doch nicht gehen.
Ich hatte nicht die Zeit, über meine Lage verbittert oder traurig zu werden. Plötzlich schob sich die Duschkabinentür auf. Diesmal war es nicht Yorik, sondern Olaaf. Mit ihm hatte ich noch nichts gehabt und auf seine Art war er noch widerlicher als Yorik. Yorik war dumm, hässlich, brutal und stank erbärmlich, aber wenigstens war er nicht falsch. Olaaf war gutaussehend und so falsch wie Kiesseks Zähne: Das schlimmste Monstrum, das man sich vorstellen konnte. Und er war deutlich erregt.
Oh nein, dachte ich. Doch wenigstens das nicht!
Dann kam Yorik hinzu. Ich glaubte, in diesem Moment wahnsinnig werden zu müssen.
"Was wollt ihr?" fragte ich unnötigerweise und viel zu keck. Ich erkannte, dass Kiessek alleine fortgegangen war. "Darfst du heute 'raus?" fragte ich Olaaf. Es war wirklich ungewöhnlich, dass er von Kiessek nicht mitgenommen wurde oder auf seinem Zimmer auf dessen Rückkehr wartete. Vermutlich sollte er das sogar, aber wenn Olaaf beleidigt war, musste er sich nicht an die Befehle seines Liebhabers halten.
Yorik antwortete nicht, aber drängte mich mit seiner puren Masse an die Kacheln und drehte mich mit einem schmerzhaften Griff herum, so dass meine rechte Lekku beinahe zwischen mir und der Wand zerquetscht worden wäre. Dann zerrte er mich wieder von der Wand weg.
"Beug' dich vor!" befahl Olaaf.
"Ist das nicht dein Metier?" keuchte ich. Aus der Traum von der Unbesiegbarkeit. Ich hatte Tränen in den Augen.
Die Antwort war ein schmerzhafter Hieb zwischen meine Lekku, der mich beinahe betäubte. Dann wurden meine Memnopoden grob gepackt. Olaaf redete sonst gerne und viel, aber unter der Dusche sagten Yorik und er die ganze Zeit über kein Wort.


[Raffi Nibbit]
Ort: Kneipe nahe dem Arboretum
Zeitindex: gleichzeitig

"Heda!"
Ein schmerzhafter Tritt in die Magengrube weckte mich aus meinem traumlosen Schlaf. Ich konnte mich nicht erinnern, zu Bett gegangen zu sein, und einigermaßen überrascht war ich daher, zu erwachen. Mein Schädel brummte, aber bestimmt nicht von der harten Stiefelspitze in meinen Eingeweiden.
"Au!" war das erste Wort, das ich zustande brachte. Es galt meinem unbekannten und gesichtslosen Peiniger. "Nicht so grob!"
Das bewegte den grobschlächtigen Houk, der das Lokal hier bewirtschaftete, jedoch nur zu weiteren Versuchen, mich rasch zu erwecken.
"Wach auf, Saufaus, sonst werfe ich dich einfach auf die Straße!" drohte er und eine Welle üblen Mundgeruchs ergoss sich über mich. Meine empfindliche Nase schließlich brachte mich endgültig zu Bewusstsein. Man sagt mir nach, dass ich nicht viel Alkohol vertrüge. Gemessen an einem Corellianer mag das vielleicht stimmen, aber für einen Chadra-Fan bin ich nicht nur groß und ausgesprochen gutaussehend, sondern auch sehr trinkfest und auch in vielerlei anderer Hinsicht sehr strapazierfähig.
Mundgeruch ist jedoch eine Eigenschaft bei anderen Wesen, die ich überhaupt nicht leiden kann. Daher rührt zum Teil auch meine Abneigung gegen das einzige Wesen, das ich richtiggehend verabscheue, diesen... aber ich schweife schon wieder ab. Verehrter Leser, dieser Morgen war wohl der schwärzeste Tag meines bisherigen Lebens. Sagte ich das nicht schon über den Vortag? Möglich, ich bin jetzt nicht willens, zurückzublättern, die Erinnerung würde mir erneut das Herz zerreißen. Aber die Wahrheit ist: Der Morgren danach ist immer noch ein wenig schrecklicher als alles, was man am Vortag erlebt hat. Wenn die Erinnerung wiederkommt und man wie ein nichtsnutziger Obdachloser mit einem gewaltigen Schädelbrummen und dem pelzigen Geschmack schlecht destillierten Alkohols auf der Zunge unter einem Kneipentisch erwacht, hat man den tiefsten Abgrund erreicht, die ein intelligentes Wesen von meinem Schlage verkraften kann.
Da ich nach der Meinung des Houks, der mich die ganze Nacht hatte trinken und danach auch schlafen lassen, nicht schnell genug reagierte, machte er seine Drohung wahr. Als ich registrierte, dass er mich anhob, war es schon zu spät, um vor Schreck auch nur zu quietschen. In hohem Bogen (glaube ich, meine Sinneswahrnehmung war in diesem Moment eher Mattscheibe) wurde ich durch die Luft gewirbelt. Ich sah die Eingangstür der zu dieser Tageszeit eher schwach besuchten Kneipe an mir vorüberfliegen, hörte das Johlen der begeisterten Gäste und das selbstgefällige Lachen des Houks, dann schlug ich schmerzhaft auf und rollte ein paar Meter weiter.
Mein ganzer Körper schmerzte, mehr noch als an jenem Tag, als mich mein alter Meister Essoc versehentlich zwischen zwei Panzerplatten vergessen und beinahe mit der Schrottpresse darübergefahren wäre. Schlimmer war aber die Erkenntnis, dass ich mit diesem dramatischen Hechtsprung den für mich denkbaren Tiefpunkt sogar noch unterboten hatte. Ich war nicht nur ein arbeitsloser, obdachloser Nichtsnutz, der in einer Kneipe erwachte, ich wurde sogar herausgeworfen!
Eine halbe Ewigkeit, so schien es mir, blieb ich liegen und kämpfte gegen die Tränen an. Erfolglos, muss ich zu meiner Schande gestehen. Dann rappelte ich mich auf, versuchte, die Tränen einigermaßen wegzuwischen und konnte ein lautes Schluchzen dennoch nicht unterdrücken. Mein letztes Hab und Gut hatte ich auch noch verloren: Meine Werkzeuge lagen verstreut auf dem Gehweg herum, und um mich herum gafften einige Passanten, ein paar gehässige Kinder waren auch darunter, und sie lachten mich aus und machten alles noch schlimmer.

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Post by Jessica Mind » 6. June 2005 01:06

[Omumoamuomuuma]

Ort: Quartier X-56/1
Zeitindex: 2.0912 ISZ


„Aufwachen!“, schrie ich Booker ins Ohr, der sofort laut stöhnte und sich zur Seite rollte. „AUFWACHEN!!“, brüllte ich noch einmal, was meinen besten Freund endlich zu einer richtigen Regung bewegte. „Lass das…“, murmelte er verschlafen und rollte sich wieder herum. „Du fauler Sack! Mola und Sanya sind schon seid STUNDEN unterwegs!“, erklärte ich ihm und log natürlich. „Mhm… Natürlich… Und ich bin ein Wookie…“, entgegnete er und zog sich die Decke über den Kopf, was eine seiner vielen Angewohnheiten war die mehr symbolisch als sinnvoll war. „Komm schon! Wir müssen neue Leute suchen!“, bettelte ich ihn an. „Dann geh doch und such sie! Ich will schlafen.“, murrte er und drehte sich nun doch zu mir. Ich war es gewohnt, dass Booker lange schlief. Tatsächlich schien das seine Lieblingsbeschäftigung zu sein und sonst störte dies auch keinen, aber im Moment war es wichtig, dass die Crew wieder vollständig wurde. Unmotiviert kroch der Miraluka aus seinem Bett und schlurfte durch das Zimmer. Etwas ekelig war der unbehaarte, nackte Oberkörper meines Freundes schon, aber ich hatte mich schon vor Jahren an seine eigenartigen Angewohnheiten gewöhnt. Eine dieser Gepflogenheiten war es das er seinen Körper praktisch komplett haarlos hielt. Ausgenommen seinem Kopfhaar natürlich. Ich war jedenfalls äußerst stolz auf mein hellrotes Fell. Während also mein haarloser Freund duschte und dabei ständig vor sich hin grummelte, holte ich seine Kleidung aus der Tasche. Auch wieder etwas, das er sich sparen hätte können, wenn er nicht dauernd sein Fell wieder entfernt hätte.

„Du spinnst, Omu.“, meinte Booker, der nur mit einer seiner unsäglichen Unterhosen bekleidet, in der Tür stand. „Wieso?“, wollte ich wissen. „Weil du mir die Klamotten rausrichtest. Deswegen.“, meinte er und grinste. Jetzt war es an mir zu grummeln, aber das störte ihn wohl gar nicht. Er klatschte sich sein ‚Rasierwasser’ ins Gesicht, was nicht nur das Raumklima erheblich verschlechterte. Booker würden den ganzen, verfluchten Tag danach riechen. Ekelhaft! Dann schlüpfte er tatsächlich in die Sachen, die ich einfach via Zufall aus seiner Tasche gezogen hatte, an. Nun für einen Nicht- Squib sah er ganz gut aus. Schließlich musste sich seine ständige Gewichtheberei auch irgendwie bezahlt machen. „Worüber grübelst du, Omu?“, erschrak mich mein augenloser Freund. „Über deinen haarlosen Körper.“, entgegnete ich und grinste spitzbübisch. Das entlockte ihm nur ein verächtliches Schnaufen. „Bevor ich nicht gefrühstückt habe, will ich nicht auf Personalsuche gehen.“, meinte ich dann und griff nach meinem Rucksack. „Omu… heißt das, dass du mich nur geweckt hast, damit ich dein Frühstück bezahle?“, stöhnte der gelernte Buchhalter. „Na hör mal! Du schwimmst doch im Geld!“, meinte ich, denn es stimmte ja. Er war der einzige, der direkt an den kriminellen Geschäften von Dhan beteiligt war, weswegen er auch eine ganze Menge Zaster bekam. Jedenfalls gab sich Booker nun geschlagen und führte mich tatsächlich ins ‚Rainbow’s Horizion’ aus.


Ort: Unterhaltungspassage in Richtung Arboretum, Restpoint Station
Zeitindex: 2.1000 ISZ

„Ich könnte davon auch das doppelte vertragen…“, jammerte ich Booker an. „Ja, aber dann jammerst du wieder, weil dir schlecht ist.“, meinte er und blieb plötzlich stehen. „Was ist denn?“, wollte ich von ihm wissen, weil ich tatsächlich ein wenig Bewegung hätte vertragen können, aber bevor er mir antwortete, sah ich schon den Auflauf von Leuten. Am Boden kugelte ein kleines Wesen, das ich recht schnell als Chadra- Fan erkannte, herum und suchte nach irgendetwas. Zu meinen Füßen lag ein Werkzeug, das ich sanft aufhob. Fragend sah ich zu Booker auf, der bereits die Hände wütend ballte und wieder entspannte. Ich wusste, dass Booker trotz seiner kriminellen Ader ein ziemlich empfindliches Organ hatte was Gerechtigkeit betraf. Selbstbewusst trat er zu der Menge, die nichts Besseres zu tun hatte als auf dem kleinen Alien herum zu hacken. Booker bebte förmlich und ich musste zugeben, dass er, wenn er wollte, schon recht beeindruckend wirken konnte. „Was ist so interessant? Habt ihr nicht was Besseres zu tun!“, rief er den Schaulustigen zu, die sich wohl nicht mit einem augenlosen, wütenden Typen anlegen wollten und deswegen ihren Abstand zu dem Verunfallten vergrößerten. Ich half dem Chadra- Fan auf, der in etwa so groß war wie ich, und gab ihm sein Gerät wieder. „Mein Lieblingsfusionsschneider!“, bemerkte er und griff sehnsüchtig danach. „Danke für eure Hilfe, aber das hätte ich auch alleine geschafft.“, meinte der noch unbekannte selbstbewusst. „Natürlich hättest du das.“, meinte Booker ehrlich bestätigend und lächelte. Nun verneigte sich unser neuer Freund leicht und meinte:“ Ich bin Raffi Nibbit. Ich bin Mechaniker.“ Booker und ich sahen einander an. „Ich bin Omu und der große Besserwisser ist Booker. Sagtest du, du bist Mechaniker?“, entgegnete ich ihm und ließ nichts anbrennen. Manchmal hatte man eben Glück.

„Ja, der beste!“, bestätigte er stolz. „Du suchst nicht zufällig nach Arbeit?“, hakte nun Booker nach. „Ihr… ihr sucht nach einem guten Monteur?“, wollte nun Raffi wissen. Er schien ganz aufgeregt und glücklich zu sein. „Nun, wir brauchen jemanden der unsere Chefin bei der Wartung des Schiffes unterstützt. Nur eines muss ich gleich klarstellen: besonders viel bezahlen können wir nicht.“, erklärte Booker und wusste bereits, dass er zuviel versprach. Ich wollte schon etwas sagen, ließ es dann aber, weil ich davon ausging, dass Raffi sich selbstständig gegen Booker wehrte. „Auf einem Schiff? Herrje, das ist mehr, als ich hören will, ihr Herren. Wenn Ihr mich nur mitfliegen lasst, werde ich für meine Unterkunft und etwas zu Essen auch gerne umsonst arbeiten. In den letzten Monaten habe ich ohnehin nichts anderes getan.“, entgegnete er aber und ich spürte ein wenig Enttäuschung aufflammen. Das durfte nicht wahr sein! Ich kannte meinen besten Freund sehr gut und wusste, dass er diese Naivität ausnutzen würde, wenn er konnte. „Grad der härteste Verhandlungspartner bist du ja nicht...“, meinte ich also und spürte schon fast, wie sich der Miraluka aufregte. Nun, soweit hergeholt war es vielleicht gar nicht, denn er war ja machtsensitiv und vielleicht auch fähig seine Emotionen auf andere zu übertragen. Oder auch nicht… Dafür kannte ich mich in diesen Dinge zu wenig aus. „Wie meint Ihr das, Omu?“, wollte Raffi wissen und ich lächelte. Klar sagte ich ihm nun, was ich dachte:“ Hey! Wenn du der beste Techniker des Quadranten bist, dann solltest du auch dementsprechend verlangen!“ Booker stöhnte laut, weil ich ihm mal wieder etwas vermasselt hatte. „Oh, ich soll mich verstellen, um bessere Konditionen herauszuschlagen?“, erkannte der Chadra- Fan. „Ja!“, bestätigte ich. Daraufhin ließ mein übergroßer Freund sogar die Schulter hängen. Auf einmal wirkte er weniger bedrohlich als niedlich. „Das wäre doch unredlich. Ich bin gut. Wenn Ihr derselben Meinung seid und gesehen habt, was ich kann, könnt Ihr mir immer noch ein Gehalt anbieten.“, erklärte nun aber mein Gegenüber. Unverbesserlich war er! Aber gut. Wir einigten uns darauf, dass wir gemeinsam Sanya suchten um mit ihr alles weitere zu klären.

Tatsächlich hatten wir sie zweimal knapp verpasst. Einmal als wir die Quartiere verließen und das zweite Mal als wir zum Essen kamen. Jedenfalls hatten wir die Übersicht verloren und jetzt mussten wir unsere kämpferisch aussehende, aber eigentlich recht sanfte Chefin suchen. Ein ungeschriebenes Gesetz an Bord der Liyquaze war es, das Booker, wenn Dhan nicht da war, die Führung übernahm, selbst wenn offiziell Sanya dafür zuständig war. Sie akzeptierte seine Autorität und er akzeptierte die ihre, deswegen gab es nie Schwierigkeiten. Das Problem war nur: Sanya dachte, sie hätte trotz allem die Oberhand, in Wirklichkeit nahm Booker sie nicht ernst und führte sie mit sanfter Hand immer in die richtige Richtung. Wo wir gerade bei der richtigen Richtung sind: Raffi war uns eine große Hilfe bei der Suche nach Sanya, denn er konnte durch seine Kontakte die Zabrak ausfindig machen. Als Booker erfuhr, wo sie war, hatte er es plötzlich eilig und legte ein Tempo vor, das für einen Chadra- Fan und einen Squib nur schwer mitgehalten werden konnte. Gleich als wir an der Tür ankamen, klopfte Booker an.

[Sanya Bekna]

Ort: Frachter „Liyquaze“, Restpoint Station
Zeitindex: 2.1010 ISZ

Etwas unmotiviert, das gebe ich zu, war ich ja schon. So allein hatte ich mich schon lang nicht mehr gefühlt. Sorgsam goss ich K’zas Pflanzen, wobei ich einen Bogen um die große Fleischfressende Blüte machte. Seid wir diese Pflanze hatten, hatten wir auch keine Probleme mehr mir Ratten oder ähnlichen Ungeziefer. Es war mit total unheimlich in dem Zimmer, in dem normalerweise Poster von verschiedenen Bands und halbnackten bis nackten Frauen und Männern gehangen hatten. Von K’za wusste ich ja, dass er einen männlichen Partner einem weiblichen vorzog, bei Urkreg konnte man das nicht so leicht sagen. Seufzend umging ich, als ich den Raum wieder verlassen wollte, wieder die böse Pflanze und trat in den Aufenthaltsraum, der noch recht unaufgeräumt war. Obwohl ich wirklich viel Zeit in das Aufräumen des Schiffes gesetzt hatte, merkte man davon kaum etwas. Auf einem reinen Männerschiff konnte man sowieso so viel man wollte aufräumen, es änderte nichts an dem Chaos. Sogar Booker war ein Chaot und räumte prinzipiell nur die Sachen weg, die geschäftlich wichtig waren.

Als ich also anfing im Aufenthalt den gröbsten Mist wegzuräumen, läutete die ComConsole. Irgendwie ahnte ich schon, dass man nicht mich erreichen wollte, aber ich ging trotzdem hin und sah nach. Wie erwartet war die ankommende Nachricht an ‚Dhan, the dragonfly’ adressiert. Zuerst wollte ich sie einfach in seinen Ordner verschieben als mir einfiel, das nun ich die Chefin auf dem Schiff war. Also öffnete ich die Nachricht und fand eine Art Einladung (oder auch Vorladung) darin. Ein gewisser Kiessek wollte Dhan sprechen und ich beschloss diesen Termin für ihn wahr zu nehmen. Also zog ich mich anständig an (Kleidung hatte ich wirklich für jeden Anlass) und polierte sogar meine Hörnchen. Ich wusste zwar nicht worum es ging, aber so schwer konnte das wohl kaum zu regeln sein. Noch einer fünfminütigen Vorbereitungsphase begab ich mich zum Treffpunkt. Es waren sehr luxuriöse Quartiere hier, sogar besser als die, die wir von Dhan bekamen. Etwas nervös war ich ja schon, aber was sollte groß passieren? Ich klopfte also an und wartete. Bald wurde mir geöffnet, allerdings war ich eher schockiert als erfreut. Eine ziemlich abgemagerte Twi’lek öffnete mir. Sie schien eine Sklavin zu sein und mir tat das Herz weh als ich sie sah. Es war nicht das erste Mal, dass ich einen Sklaven sah, aber es war das erste Mal, dass ich so nahe an einen herankam. „Wer ist es denn?“, fragte jemand aus dem hinteren Bereich des Zimmers. „Sanya Bekna, ich komme für Dhan.“, erklärte Sanya ihrem Gegenüber, das diese Information sofort weitergab.

„Setzen Sie sich.“, forderte Kiessek sie auf und Sanya tat es auch. „Koty'na, bring uns etwas zu trinken!“, befahl der Quarren der Frau, die sich sofort in Bewegung versetzte. „Für mich nichts…, danke.“, meinte ich sofort, weil ich mir inzwischen wünschte nicht mehr hergekommen zu sein. Der Typ runzelte die Stirn wütend, beließ es aber dabei. „Was kann ich für euch tun, Kiessek, richtig?“, wollte ich nun wissen und versuchte damit das Gespräch zu beschleunigen. „Nun... ich hatte eigentlich nicht erwartet, dass Dhan, dieser Gauner, eine Frau vorschieben würde.“, meinte er nun und ich fand sogar ein wenig beleidigend. „Er hat mich nicht vorgeschoben, wie denn auch? Er ist ja gar nicht da!“, verteidigte ich meine Anwesenheit. „Ach… Ich dachte er wollte nur nicht selbst seine Schulden bezahlen… Aber gut, Hauptsache, du bringst mir mein Geld vorbei.“, meinte er jetzt. „SCHULDEN!? Das ist eine Frechheit!“, regte ich mich auf, denn das war es auch. Dhan machte, normalerweise, keine Schulden. Und selbst wenn hätte Booker sie schon bezahlt. Er hatte sogar den Nerv mir einen Schuldschein hinzuhalten, aber da war ich ja noch hauptsächlich wütend und nicht etwa ängstlich. „Sag' mir nicht, dass er dir kein Geld dagelassen hat. Er hat mir sein Schiff darauf verpfändet. Für die letzten sieben Kunstwerke, die ich ihm geliefert habe. Ich habe den Schuldschein da, wenn du ihn sehen willst.“, sagte er, aber es klang mehr wie ein Drohung. Ich hatte vor die Liyquaze mit Zähnen und Klauen zu verteidigen, falls nötig. Als ob der Schuldschein nicht schon genug gewesen wäre, setzte er mir auch noch ein Ultimatum von vier Wochen um das Geld zu beschaffen. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, wie dieser Schuldenberg zustande gekommen war, aber bezahlen wollte ich ihn auf gar keinen Fall. Gerade als ich wegen seiner Frechheiten protestieren wollte, klopfte es an der Tür.

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Liyquaze. Vol. 4

Post by Dwarf Androx » 10. June 2005 03:36

[Koty'na Si Kuyan]
Ort: Kiesseks Quartier
Zeitindex: 2.1013 Galaktische Standardzeit

Mein ganzer Körper brannte! Es tat so weh! Olaaf und Yorik hatten mir so wehgetan! Und am schlimmsten brannte das Feuer in meiner Seele.
In meinem Kopf hämmerte es wie wild, mein Hass und mein Zorn und die grauenhaften Schmerzen und das ganze fürchterliche Erlebnis betäubten jeden klaren Gedanken, der sich gewaltsam durch diesen Strudel der Hölle in meinem Verstand bahnen wollte. Ich war erschöpft und ausgelaugt von dem Horror, den Kiesseks Diener mir zugefügt hatten, und doch hatte ich irgendwoher die Kraft, nicht zu weinen. Woher -- ich wusste es nicht. Ich war vor Angst wie gelähmt, vor Angst, dass es wieder passieren könnte, jederzeit, wann ihnen danach war. Das war das Schrecklichste an einer Vergewaltigung. Ich konnte mich nicht wehren, ich konnte das Unheil nicht stoppen oder auch nur verkürzen. Ich konnte es nur erdulden.
Ja, Angst war das Schrecklichste an all dem Wirrwarr aus Gefühlen, die ich nicht auseinander halten konnte und auch nicht wollte, um sie so schnell wie möglich zu vergessen und nicht auch noch herauszufordern, sich für immer in meinem Gedächtnis einzubrennen. Dieses ganze Chaos in meinem Schädel verhinderte, dass ich meine Gedanken ordnen konnte. Angst, eisige Kälte in meinem Herzen, das ist es, woran ich mich am besten erinnern kann. Ich glaube, alles sonst zerquetschte die Angst selbst in ihrem klammen Griff, alles, was an die Vergewaltigung erinnerte, außer ihr selbst. Sie blieb. Sie sollte jahrelang noch bleiben. Ich glaube, ich werde sie nie mehr los, meine Angst. Meine Nemesis.
Nachdem mich Yorik und Olaaf zutiefst verletzt und zitternd in der Dusche zurückgelassen hatten, hatte ich mich noch nie so hilflos gefühlt. Hilflos und verloren, das war ich. Was war das für ein Leben? Nichts besaß ich noch außer meinem Leben, selbst der freie Wille war dahin. Ich glaubte, mich selbst zu töten wäre die beste Lösung gewesen, um diesem Schicksal für immer zu entrinnen, doch selbst dazu fehlte mir in diesen Minuten der Mut.
Dann kehrte Kiessek zurück. Ihn störte es kaum, den alten, gefühlslosen Quarren, wie man mich misshandelt hatte. Ihn am allerwenigsten. An meinem Hinterkopf schwoll eine gewaltige Beule an, von dem Feuertanz, der in meinen Lenden schwelte, kaum zu reden. Ich glaubte, meine Lekku seien ausgerissen worden.
Als er mich in der Dusche sitzen sah, zusammengekauert, zitternd und nur ein nasses Handtuch vor der Brust, reagierte er nicht anders darauf, als wäre ich bloß ein heruntergefallenes Stück Seife. Er wusch sich die Hände, trocknete sich ab und erst, als er wieder hinausgehen wollte, warf er mir das zurechtgelegte Kleid hin. Es wurde nass.
"Zieh dich an", befahl er kalt. "Gleich kommen Gäste."

Endlich zerriss der lähmende Schleier der Angst, der Pein und der Demütigung, wie er immer wieder zerreißen kann, auch wenn die Angst sich niemals ganz vertreiben lässt und immer dann wiederkehrt, wenn man glaubt, man hätte sie besiegt. Ich wusste, ich musste gehorchen, wenn die Angst keine Gelegenheit bekommen sollte, wiederzukehren. Also gehorchte ich.
Als es schellte, lag ich auf einem Diwan und fühlte mich innerlich leer. Leer im Geist, leer in meinem Körper. Ich haderte nicht einmal mit meinem Schicksal. Die Schmerzen würden noch lange bleiben, aber was waren sie schon gegen die seelische Qual? Ein Witz, bestenfalls.
Kiessek blickte unwillig von seinem HoloVid-Programm auf, durch das er ohnehin nur zappte, und schnappte: "Es hat geläutet. Geh hin, Weib!" So schnell ich konnte, sprang ich auf und hastete zur Tür.
"Yorik, Olaaf, hinaus mit euch!" hörte ich die Stimme des Quarren hinter mir. Ich wartete einen Augenblick, bis sie in dem Nebenraum verschwunden waren, dann öffnete ich.
Eine Zabrak stand im Schottrahmen. Ich hatte einen Mann erwartet, denn am vorigen Abend noch hatte Kiessek von Dhan gesprochen. Dhan kannte ich nicht, aber er war bestimmt auch ein Sklavenhändler, genau wie Kiessek und die meisten seiner Geschäftspartner. Vielleicht gehörte auch die Zabrak dazu?
Vermutlich schon, denn sie sagte, sie sei für Dhan gekommen. Während Kiessek mit der Frau sprach, öffnete ich meinem Herrn gehorsam eine Flasche sündhaft teuren Weines, den er nur trank, wenn er anderen mit seinem Reichtum imponieren wollte. Fraglos hatte auch er mit Dhan gerechnet, doch ich wusste, dass es ihm im Endeffekt egal war, von wem er sein Geld oder das dafür eingesetzte Unterpfand bekam. Er war ein Blender und ein Betrüger, ein schreckliches Wesen. Allmählich hatte sich meine Angst gelegt. Ich hasste ihn. Aus tiefster Seele hasste ich ihn. Olaaf und Yorik konnte ich nur verachten, die waren zu dämlich, um zu kapieren, was sie mir antaten, sie waren bestenfalls Mitläufer. Aber Kiessek verdiente meinen ganzen Hass. Am liebsten hätte ich ihm Gift in den Wein gemischt, aber so etwas besaß ich erstens nicht und zweitens war die Phase, in der ich mit meinem Leben abgeschlossen hatte, schon wieder vorbei. Also brachte ich ihm ohne Umschweife den Weinkelch und kassierte einen neckischen Hieb auf den Po dafür, den er wohl als nichts besonderes empfand, meinen Hass auf ihn, dieses feiste Scheusal, aber noch um ein Vielfaches wachsen ließ.
Um Sklavenhandel ging es jedenfalls nicht. Ich konnte mir eigentlich auch nicht vorstellen, dass diese Frau eine Sklavenhändlerin war. Sie machte mir keinen besonders aufgeräumten oder gar cleveren Eindruck. Selbst ich war, würde ich vermuten, bisweilen gewiefter.
"Ich bin großzügig", behauptete Kiessek von sich selbst inmitten des Gespräches. "Du bekommst einen Monat, um die fünfzehntausend aufzutreiben, weil du von Dhans Schulden nichts wusstest. Inklusive Verzugszinsen sind das abgerundet achtzehntausend, weil ich dich mag."
Kiessek nahm mit einem abstoßenden Geräusch einen Schluck Wein und fuhr dann fort, als die Zabrak nichts sagte: "Fliege meinetwegen Glitzerstim für die Hutts oder so. Aber lass mich auf keinen Fall blöd aus der Wäsche schauen, sonst wirst du dort, wo du dann hingehst, keine mehr benötigen. Ist die Sache jetzt klar?"
Sanya Bekna, so hatte die Zabrak sich vorgestellt, machte jedoch nicht den Eindruck, als wolle sie überhaupt mit sich handeln lassen, vielmehr setzte sie sogar dazu an, die Schulden ihres Auftraggebers erneut zu bestreiten, und ihr mit einem Mal entfachtes Streitgespräch wäre beinahe außer Kontrolle geraten, als es abermals läutete. Diesmal waren wir alle überrascht.
"Koty'na! Sieh nach, wer es ist!" keifte Kiessek.
Gehorsam ging ich zur Tür und sah als allernächstes einem Mann in die Augen, der sein Gesicht unter einer Kapuze verbarg. Das heißt, ich versuchte, ihm in die Augen zu sehen, doch seine Kapuze verbarg den größten Teil seines Gesichts. Sofort erweckte er einen bedrohlichen Eindruck, denn wer auf einer Raumstation mit Kapuze herumlief, führte bestimmt nichts Gutes im Schilde.
Ich bekam nicht die Gelegenheit, darüber nachzusinnen, denn eine Etage tiefer hörte ich eine vorwitzige, piepsige Stimme, und ein Squib strahlte mir aus dunklen Knopfaugen entgegen: "Tagchen, schöne Dame", sagte er und entblößte ein schönes Gebiss, wohl sein Äquivalent eines Lächelns. Er sah wirklich possierlich aus...
"Pst, seid nicht unhöflich, Omu", hörte ich eine flüsternde Stimme neben dem Squib. Dieser erwiderte keck und sah zur Seite: "Wieso unhöflich? Sie ist doch eine schöne Dame!"
Erst jetzt bemerkte ich doch noch die dritte Gestalt, nicht größer als das Pelztier, aber unverkennbar nicht von seinem Volk. Ein Chadra-Fan. Auch er blickte mir neugierig entgegen und ich bemerkte, dass er nicht nur größer war, als ich mir einen von seinem Volk vorgestellt hätte, sondern auch einen für seine Verhältnisse riesigen Werkzeuggürtel mit sich herumschleppte. Die Werkzeuge darin waren zum größten Teil bestimmt nicht für seine feinen Hände geschaffen. Doch auch eine Menge Schrott trug er bei sich.
Mehr Zeit blieb mir nicht, sie zu betrachten oder auch nur meiner Verwirrung Herr zu werden. Kiessek hatte von weiteren Besuchern nichts gesagt.
"Ja... bitte?" fragte ich also.
"Ich möchte zu Sanya", sagte der Kapuzenträger und machte Anstalten, einfach einzutreten. Ich versperrte ihm hastig den Weg. "Das ist leider nicht möglich. Sie befindet sich in einem geschäftlichen Gespräch mit meinem Herrn und... sagt, wer seid Ihr überhaupt?"
"Tyna!" hörte ich von hinten die schneidende Stimme des Quarren. "Wer ist denn da?"
Demütig drehte ich mich um: "Sie haben sich noch nicht vorgestellt, Herr. Aber einer von ihnen möchte Miss Bekna sprechen."
"Hast du Begleitung mitgebracht?" fragte Kiessek die Zabrak. Sie schüttelte den Kopf.
"Booker", stellte sich der Kapuzenträger vor. "Das sind Omu und Raffi Nibbit. Bring mich zu Kiessek", fügte er hinzu.
"Die Herren Booker und Omu und... ach du meine Güte", entfuhr es mir, als Booker eintrat und die Kapuze zurückschlug, während er einen herrischen Schritt an mir vorbei in das Zimmer machte. Dieser Mann hatte keine Augen! Dort, wo sie hätten sein sollen, war nichts als Haut und Fleisch... oder Knochen.
Ich hatte in meinem noch nicht allzu langen Leben bereits viele verschiedene Spezies erlebt, aber alle hatten sie Augen gehabt. Es war unheimlich, wie sicher er sich trotzdem bewegte, und mir lief unwillkürlich ein eisiger Schauer über den Rücken. Von einem Miraluka hatte ich bis dahin noch nichts gehört und Booker trug wenig dazu bei, diesen Misstand zu beheben. Deswegen war er auch nicht hier.
"Gut gemacht, Booker", nörgelte der Squib, den Booker als Omu vorgestellt hatte.
"Was denn?" fragte Booker gereizt. Irgendwo verstand ich ihn sogar, vermutlich wurde er wegen seiner Augen ständig schief angesehen. Ob er das bemerkte?

Raffi und Omu drängten sich hinter Booker herein und Kiessek, der der Scharade an der Tür wohl ein Ende bereiten wollte, winkte sie unwillig herein, nachdem Sanya ihm bestätigt hatte, dass sie zur Crew ihres Schiffs, der Liyquaze, gehörten.
"Vielleicht weiß einer von denen was über Eure Schulden", vermutete Kiessek und ich begriff, dass er dieses Geschäft so schnell wie möglich abschließen und danach nie wieder mit diesem Dhan zu tun haben wollte. Nur deshalb gewährte er ihnen, einzutreten. Und er war sogar nahezu höflich: "Guten Tag, meine Herren..." Was das betraf, schien er bei Omu und Raffi nicht sicher zu sein, denn auf ihnen blieb sein Blick besonders lange haften. Ich beschloss, mich auf meinen Diwan zu begeben, anstatt blöde herumzustehen. Nachher würde Kiessek mich nur wieder schlagen, wenn ich mich nicht wie eine perfekt erzogene Leibsklavin verhielt, und mein Bedarf an Prügel war für heute mehr als gedeckt. Mir fiel bei der Gelegenheit auf, dass meine Schmerzen im Unterleib noch lange nicht nachgelassen hatten. Nur die Ablenkung hatte sie mich für einen Moment vergessen lassen. Und mein Hass.
Ich kann mich heute an diese erste Begegnung mit Raffi, Booker und all den anderen nicht mehr in allen Einzelheiten erinnern, denn Olaafs und Yoriks Verbrechen, das bis vor vielleicht zwanzig Minuten angedauert hatte, ließ mich alles in einer verzerrten Perspektive erleben. Noch dachte ich an hauptsächlich nichts anderes als an die Vergewaltigung und heckte in Sekundenschnelle Mordpläne gegen Kiessek aus, die ich doch niemals umsetzen würde, und das ist schade, dass ich so dachte, denn heute würde ich mich gerne besser erinnern an das, was danach passierte.
Booker gestand ein, dass diese Schuldscheine, die Kiessek vorzuweisen hatte, echt waren, aber auch er konnte nicht verstehen, warum K'za und Urkreg, Dhans Bodyguards (wie ich später erfuhr), sie nicht längst und vor Dhans Abreise beglichen hatten. Das Geld wäre da gewesen und er, der er für die Finanzen dieser seltsamen Geschäftspartner von Kiessek fungierte, hätte es bereits verbucht, wie er ausführte.
Kiessek war das freilich egal.
"So, wie ich das sehe, wurde hier jemand gewaltig übers Ohr gehauen", bruddelte er in seinem bedrohlichsten Unterton, "und ich habe nicht vor, dieser Jemand zu sein." Nur ich erkannte, dass er in seine Gesten ein ausgemachtes Zeichen für Olaaf und Yorik einbaute. Wie um seine Worte zu untermalen, betraten sie plötzlich den Raum. Natürlich war es inszeniert, und Kiessek hatte es oft in meiner Anwesenheit mit ihnen probiert, um herauszufinden, wie es am besten wirkte. Mir wurde auf einen Blick klar, wie groß und unüberwindbar Yorik selbst gegen den massigen Booker wirkte: Ein riesiger, breitschultriger Mensch mit langen, verfilzten Haaren war er und meistens lief er mit einer hochgezogenen und mit einem Gürtel über dem Bauch befestigten Hose herum, trug über den Schultern nur ein beengend wirkendes Jäckchen. Er wirkte fett, aber in Wirklichkeit waren das Meiste davon Muskeln, wenngleich er trotzdem ständig schwitzte. Ich schätzte seine Masse, mit der ich nun schon einschlägige Erfahrungen gesammelt hatte, auf gut und gerne zweihundertfünfzig Pfund.
Olaaf dagegen war schmächtiger und zierlicher, wirkte wie der Playboy, der er war, und selbst seine vor der Brust verschränkten Arme und der grimmige Blick ließen ihn nicht wirken, als könne er es auch nur mit Sanya Bekna aufnehmen, die von Bookers Ausführungen allmählich in den Hintergrund gedrängt wurde. Vielleicht war ihr das auch ganz recht so. Booker machte einen wesentlich entspannteren Eindruck als sie und er schien genau zu wissen, was er sagte und wie er Kiessek nehmen musste.

Leider irrte auch er sich.
"Da dies ja nun wohl dank Ihnen, Booker, in Ordnung kommt, sehe ich keinen Grund mehr, Euch die einmonatige Frist zu gewähren", erklärte Kiessek. "Ihr schuldet mir achtzehntausend, und in einer Stunde habe ich sie."
"Wir könnten Euch höchstens die Kunstwerke zurückgeben, die wir noch nicht veräußert haben", sagte Booker kopfschüttelnd, und nicht nur ich spürte, dass er log, "Bargeld haben wir keines."
"Mir ist egal, woher Ihr das Geld holt, Booker", sagte der Quarren unnachgiebig.
Ich fand es an der Zeit, mich einzumischen, und wenn es nur war, weil ich diese seltsame Truppe sympathisch fand und der niedliche Squib, der seinen offenbar noch recht ahnungslosen Chadra-Fan-Freund mit großspurigen Bemerkungen sofort mein Herz erobert hatte. Raffi Nibbit im Übrigen auch: Er war noch unbeholfener als Sanya, aber auch wesentlich höflicher als alle in diesem Raum zusammengenommen. Er passte nicht in diesen Raum, er gehörte einfach nicht hierher.
"Herr", warf ich ein, und beinahe im gleichen Augenblick bereute ich es trotz aller Zuneigung für die beiden 'Kleinen'. Sie waren doch nur Fremde und in wenigen Minuten würden sie wieder weg sein.
"Was?" brüllte mich Kiessek an. Nun konnte ich nicht mehr zurück.
"Vielleicht solltet Ihr die Frist doch gewähren? Sie scheinen nicht unwillig zu sein, ihre Schulden zu begleichen, und..."
Weiter kam ich nicht. Er versetzte mir eine so heftige Maulschelle, dass ich beinahe vom Diwan kippte. "Wenn ich etwas wissen will, Koty'na, dann frage ich dich!" versetzte mein Herr. Diese Lektion würde ich in der Tat so bald nicht vergessen. Oh, wie ich ihn hasste! Und wie ich ihn fürchtete! Hastig verbarg ich den Kopf zwischen den Händen, damit niemand meine aufsteigenden Tränen sehen konnte. Meine Wange brannte wie Feuer. Aber es achtete sowieso niemand auf mich.
Omu ließ sich zu einer bösen Bemerkung hinreißen, die Kiessek unter anderen Umständen mit einer Tracht Prügel vergolten hätte, aber er reagierte gar nicht auf die Frechheit des kleinen Squib. Dafür griff er plötzlich nach Sanya und schleuderte sie in die Arme des riesigen Yorik. Dieser begriff erstaunlich schnell und hielt sie mit einem Klammergriff fest.
"Ich habe es jetzt satt. Ich nehme die Kleine hier als Unterpfand", sagte Kiessek, "sie ist das Geld auf jeden Fall wert. Eine halbe Stunde, Booker, dann nehme ich entweder die Kleine, Euer Geld oder Euer Schiff."
"Sie werde ich keinesfalls in Ihren schmierigen Fingern lassen", begehrte Booker auf. "Lieber lasse ich noch Omu zurück.“
"Was?" riefen Raffi und Omu wie aus einem Mund.
"Der Fellball ist nichts wert", wiegelte ihn Kiessek ab, "und handelt nicht weiter, sondern zahlt, sonst werden aus meinen Freundschaftszinsen Wucherzinsen." Dabei blickte er siegessicher auf den Wandchronographen. "In siebenundzwanzig Minuten kommt mein Freund von den Espos mit einem weiteren Sklavenring. Ich würde mich beeilen."
Der Miraluka gab es endlich auf und ich hoffte bereits, dass alles gut werden würde: Bestimmt hatte dieser augenlose Mann etwas in der Hinterhand, von dem er gegenüber Kiessek nichts gesagt hatte. Er setzte seine Kapuze wieder auf und wollte aus der Türe stürmen. Doch da versperrte ihm jemand den Weg.

Im Türschott stand plötzlich ein massiger Nautolaner. Ich kannte diese Wasserlebewesen von Glee Anselm, wenn auch nur wenige von ihnen ihre Heimatwelt in der Regel verließen. Er war nicht einmal größer als Booker, aber wirkte durch eine braune Robe massiger und sein breiter, braungrün getupfter Kopf mit den zahlreichen Kopfschwänzen, die wie winzige Lekku aussahen und sein Gesicht mit den haiähnlich geschlitzten Augen umrahmten, verlieh ihm einen äußerst exotischen Anblick.
"Seid Ihr Booker?" fragte der Nautolaner übergangslos. Ich konnte ihn nur sehen, weil ich günstig saß. Die anderen, vor allem Kiessek, blickten verständnislos drein.
Booker war offenbar so überrascht, dass er nur mit einem knappen "Ja" antwortete.
"Ich bin Tyrn", stellte sich der Nautolaner vor. "Eines Eurer Besatzungsmitglieder schickt mich hierher. Ich will eine Passage buchen."
"Ich... habe jetzt keine Zeit dafür", erwiderte der Miraluka perplex, doch plötzlich hob der Nautolaner den Kopf. Ich entsann mich schlagartig, dass diese Spezies die Fähigkeit besaß, die Stimmungen und Emotionen ihrer Umgebung aufzufangen und sogar zu reflektieren. Plötzlich stand ein Ausdruck von Angst, verhaltener Aggression und unterschwelliger Anspannung in seinen Augen, und er kapierte schneller als ich, dass er soeben eine bedrohliche Situation geschaffen hatte. Kiessek war nervös und Yorik und Olaaf warteten sowieso nur noch auf seinen Befehl, die Besucher mit Gewalt aus seinem Refugium zu entfernen.
Doch dann tat der Nautolaner etwas völlig Unverständliches. Er stieß Booker zur Seite, der noch nach einer Ausrede suchte, um sich schnell entfernen zu können, und trat in die nun doch recht überfüllt wirkende Wohnstube. Mich streifte er mit einem kurzen Blick und auch die anderen Anwesenden würdigte er kaum seiner Aufmerksamkeit. Doch dann sah er, dass Yorik Sanya Bekna umklammert hielt und dass die Zabrak eindeutig Angst hatte. Ein Ausdruck von Zorn schlich sich in sein Gesicht, und ich schwöre Stein und Bein, dass dieser Zorn von ihm selbst kam.
"He!" begehrte Kiessek auf, als der Nautolaner so plötzlich auf der Bildfläche erschien. "Dies sind meine Privatgemächer. Raus hier, aber plötzlich!" Er stand auf, aber nicht schnell genug für Tyrn. Der trat an ihm vorbei, ignorierte Kiessek völlig, und ging auf Yorik zu.
"Was geht denn hier vor?" herrschte er Yorik an. "Lasst sofort die Frau los!"
Anklagend drehte er sich im Kreis, die Hände erhoben, und musterte alle hier. "Und keiner unternimmt etwas? Schämt Ihr euch denn gar nicht?"
Von seinem dreisten Auftreten gebannt, verschlug es sogar Kiessek die Sprache. Mir schlug plötzlich das Herz bis zum Hals. Dieser Nautolaner würde doch nicht...
Tyrn tat es! Als Yorik auf seinen Befehl hin nicht reagierte, versetzte er ihm einen so derben Stoß, dass er zur Seite taumelte und Sanya losließ. Sofort tauchte das Mädchen ab, so tief sie konnte. Tyrn rief: "Geht hinaus, meine Dame. Ich regle das hier für Euch." Natürlich verkannte er völlig die Situation, aber als ich sah, wie Olaaf plötzlich einen riesigen Blaster zum Vorschein brachte, machte ich das einzig vernünftige: Ich schrie erschreckt auf und ging in Deckung. Hinter meinem Diwan traf ich auch Raffi Nibbit und Omu wieder. Aber ich konnte es nicht lassen: Ich schaute weiter zu.
Olaaf feuerte seinen Blaster ab und Tyrn reagierte keinen Herzschlag zu früh. Der Schuss hatte Sanya gegolten, die sich davonmachen wollte, wie Tyrn geraten hatte, und hell aufschrie, als die Feuergarbe nur dicht über sie hinwegzuckte. Tyrn stieß sie gerade noch zur Seite und wurde getroffen, aber ich glaube, der Blasterstrahl durchschnitt nur seinen Mantel.
"Das hättest du nicht tun sollen", knirschte Tyrn wütend und schnellte nach vorne, doch er hatte Yoriks kämpferische Qualitäten und seine behenden Reflexe unterschätzt. Als Olaaf auf ihn anlegte, um ein zweites Mal zu feuern, hielt Yorik den Nautolaner fest. Der zweite Schuss ging nur fehl, weil sich nun endlich Booker einmischte und Yorik mit einem donnernden Hieb zu Fall brachte, wodurch Tyrn unter dem Strahl hinwegtauchen konnte. Ich glaube, ich schrie bereits die ganze Zeit wie eine hysterische Ziege, aber auch Omu atmete schnell und Raffi, der sich an mich kauerte und den Kopf zwischen seinen Ärmchen verbarg, quiekte verschreckt vor sich hin.
Mittlerweile hatte Yorik sich von dem zweiten Hieb erholt und prügelte auf Booker ein. Er war deutlich größer und deutlich stärker, aber nicht so schnell wie der Miraluka, der seinen todbringenden Schwingern mehr als einmal nur knapp entging. Auch bei seinem zweiten Antritt erreichte Tyrn Olaaf nicht, denn Kiessek brachte ihn mit einem ungeschickten Fußtritt zu Fall. Olaaf verlor durch einen instinktiven Rückwärtsschritt das Gleichgewicht, als er an den Diwan stieß, und setzte sich mit einem schweren Hieb in die Polster nur wenige Zentimeter vor meinem Gesicht. Kreischend warf ich mich zur Seite und krabbelte auf allen Vieren in eine neue Deckung, schleifte Raffi und Omu förmlich mit mir. Hinter Kiesseks Couch fühlten wir uns sicherer. Prompt hob Olaaf, nur kurz überrascht, wieder die Waffe.
Ich hätte es nicht gedacht, dass jemals jemand so behende reagieren könnte, aber Tyrn schien sich im Nahkampf geübt zu haben. Der Nautolaner, dankbar für die Rückendeckung, die Booker ihm gewährte, fing Kiesseks Hieb ab, rollte über den Couchtisch hinweg und ging durch seinen eigenen Schwung getragen, vor Olaaf in die Knie. Diesmal konnte Kiesseks Liebling kaum noch verfehlen! Wir kauerten so nahe dabei, doch wir waren viel zu gelähmt von dem rasenden Tempo, mit dem sich dieses Gemetzel entwickelte. Omu quiekte auf, Olaaf hob den Blaster, Booker schlug Yorik (Treffer!), Kiessek zückte selbst einen Blaster und sprang hinter Tyrn her, Yorik hieb auf Booker ein (daneben!), Sanya brachte sich hinter einem schweren Sessel in Sicherheit, all dies zur gleichen Zeit, aber in all dem Gewirr fiel eines besonders auf: Da griff Tyrn in seinen Ärmel, riss an einem zylindrischen Stoffetui, hielt etwas Glänzendes in Händen und auf einmal waren die einzigen Geräusche, die den Raum noch erfüllten, Yoriks Keuchen, Olaafs abbrechender Schrei und ein bedrohliches Summen, gepaart mit dem Gleißen einer weißgrünen Lichtbahn, die einmal waagrecht, einmal senkrecht direkt vor meinen Augen eine gleißende Kurve beschrieb. Ich fühlte die Hitze gebündelter Energie nur wenige Handbreit vor meinem Gesicht, aber nichts hätte mich in diesem Moment bewegen können, vor der Lichtbahn zurückzuschrecken.

Es war mit einem Mal totenstill im Raum und ich erlebte die folgenden Sekundenbruchteile fast in Zeitlupe, wie immer, wenn die Natur dich scheinbar zwingen will, ein grausiges Schauspiel in viel zu kurzer Zeit viel zu intensiv in dein Gedächtnis einzubrennen, und wenn sie deshalb extra für dich die Gesetze der Physik wirkungslos werden. Olaaf hatte nicht einmal mehr Zeit, sein eigenes Ableben zu registrieren. Seine Hände ließen den Blaster fallen und seine Unterarme lagen plötzlich neben ihm auf der Couch, abgetrennt von Tyrns Laserschwert. Mit demselben Hieb (den Tyrn später als klobig und ungestüm bezeichnen würde) hatte Tyrn dem Widerling, dem Vergewaltiger und Dieb und schrecklichen Zerrbild eines Menschen den Schädel gespalten, und da ein Lichtschwert in einem Menschen nun auf keinen Widerstand trifft, spaltete es Olaaf vom Scheitel bis zum Schritt und auch den ganzen Diwan, und Omu, Raffi und ich keuchten vor Schrecken und Faszination, wie knapp wir dem Tod durch das viel zu ungeschickt geführte Laserschwert durch unsere Flucht wohl entgangen waren.
Kiessek und Yorik gaben aber noch lange nicht auf -- sie hatten noch nicht einmal kapiert, was mit Olaaf passiert war. Tyrn stand, von seinem eigenen Tun plötzlich erschrocken, vor dem auseinander brechenden Leichnam Olaafs und starrte entsetzt auf die Klinge aus reiner Energie. Der Quarren hinter ihm witterte seine Chance, hob den Blaster, Tyrn bemerkte es nicht, Sanya schrie entsetzt auf, selbst ohnmächtig einer Handlung, Yorik stürzte sich erneut auf Booker...
Ich handelte aus einem Instinkt heraus, wusste selbst nicht, was ich da tat. Im nächsten Moment sah ich mich schon über die Couchlehne springen, sah, wie Kiesseks hässlicher Kopf herumruckte, aber nicht ansatzweise schnell genug für den Zorn, den Hass und die Rachsucht, die mich mit einem Mal ergriffen hatten, und auch nicht schnell genug für die Leine meines Sklavenrings, mit der er mich so oft gezüchtigt hatte, und die ich nun von hinten um seinen Hals schlang.
Ich würgte das Monstrum bestimmt zwei Minuten lang, und wie mir Sanya später sagte, ohne mir in die Augen sehen zu können, war mein Gesicht dabei eine furchterregende Fratze aus Entsetzen vor mir selbst und Hass auf mein Opfer. Ich weinte bitterlich, während ich zuzog, aber ich war entschlossen, Kiesseks Leben zu beenden oder das meine zu verlieren. Kiessek war zu überrascht, als dass er sich rechtzeitig hätte wehren können, und als er es endlich versuchte, waren ihm bereits die Kräfte geschwunden. Sanya und Tyrn riefen mir zu, als sie meine Absicht erkannten, ihn loszulassen, aber die Macht alleine weiß, dass ich es nicht anders konnte. Kiessek starb unter grässlichem Röcheln, und dann lag er plötzlich reglos da, sein krakenförmiger Kopf war widerlich bläulich verfärbt und seine Kehle zerstört und zerschnitten von meiner Sklavenleine, und plötzlich war der Zorn vorbei und nur noch Leere und Bedauern ergriffen Besitz von meinem Herzen. Doch es war zu spät.
"Was habe ich getan?" fragte ich in die Stille hinein, in die sich allmählich der Sicherheitsalarm der Restpoint-Station mischte, als die Feuermelder das Blastergefecht registrierten. Ich fühlte mich furchtbar hilflos und schrecklich wegen dem, was ich getan hatte. Aber vor allem war ich frei!


[Raffi Nibbit]
Ort: derselbe
Zeitpunkt: 2.1022 Galaktische Standardzeit

"Du meine Güte... du meine Güte", wiederholte ich immer wieder, zutiefst schockiert.
Ich konnte es nicht fassen, wie viel Gewalt und Tod und Grauen in dieser einen Minute über meine bis heute unbefleckte Seele hereingebrochen waren! Mein Verstand weigerte sich schlicht, zu akzeptieren, dass da gerade zwei Geschöpfe in die Macht eingegangen waren, nur um ein paar lumpige Geldmarken willen. Ich war sicher, nicht alles zu verstehen, was da gerade passiert war, und was das für ein riesiger Mann war, der mit seinem Lichtsäbel den schlanken Menschen zerteilt hatte, aber ich begriff, dass er das selbst nicht gewollt hatte. Wir Chadra-Fan haben eine Antenne für so etwas: Dieser Nautolaner war nicht böse, keineswegs, er hatte sich bloß gewehrt, weil man ihn daran gehindert hatte, aus Unrecht Recht zu machen. Wäre ich nur etwas größer gewesen, vielleicht hätte ich es selbst versucht. So betrachtet war er, obwohl er getötet hatte, das Unaussprechliche vollendet hatte, sogar ein gutes Geschöpf, beinahe ein Freund.
Viel schlimmer war jedoch, dass auch die hübsche Dame, wie sie Omu genannt hatte, und die wohl in Wirklichkeit Koty’na hieß, ein Leben ausgelöscht hatte. Sie war so zartgliedrig und zerbrechlich, und doch tötete sie?
Heute weiß ich, was der Quarren ihr angetan hatte und welchen Anteil auch die beiden Menschen an ihrem grausamen Leidensweg hatten, und heute macht mich das wütend und schenkt Koty’na mein tiefstes Verständnis, aber sein Tod war und ist sinnlos. Niemand, egal was er tut, hat es verdient, zu sterben.
Beinahe weinte ich erneut, als ich das angerichtete Blutbad sah und die verbrannte Wandvertäfelung roch, die Olaafs Blasterschüsse getroffen und stellenweise entflammt hatte. Booker, der freundliche Miraluka, den ich sofort in mein Herz geschlossen hatte, tat etwas, wofür ich ihm bis heute meinen größten Respekt zolle: Als Yoriks Herr Kiessek tot am Boden lag, gelang es ihm, dem Buchhalter, den riesigen Leibwächter zu überwältigen und niederzuschlagen. Doch als er die Gelegenheit hatte, auch seinem Leben ein Ende zu bereiten, tat er es nicht. Ich mag Booker, und wenn er auch früher viele Fehler begangen haben mochte, so glaube ich nicht, dass er jemals mit Absicht einem anderen nur zum Vergnügen Schaden zugefügt hat. Das war und ist nicht seine Art.

Plötzlich wurde uns allen bewusst, dass wir gerade in ein Verbrechen verwickelt worden waren, das die Espos von Restpoint Station mit der sofortigen Erschießung ahnden würden, wenn sie uns erwischen konnten. Hektik entstand, obwohl noch keiner sich so recht zu rühren wagte. Nur Omu und Booker behielten ein wenig den Überblick über die Situation. Natürlich auch Sanya Bekna, denn sie war schließlich die Kommandantin und musste von Natur aus den Überblick behalten, aber sie war so rücksichtsvoll gegenüber Koty’na und Tyrn, die ihre Taten erst noch verdauen mussten, und begann nicht, Hals über Kopf von Flucht und Weglaufen zu reden.
Als Omu dennoch davon anfing, dass man die Station verlassen müsse, kam mir rechtzeitig ein Gedanke, ohne den wir heute vielleicht alle tot wären. Koty’na stand noch immer über dem Leichnam ihres Peinigers, als Sanya und Booker schon hinausrennen wollten. Sie machte keine Anstalten, uns zu folgen.
"Halt!" rief ich.
"Was?" fragte Booker. Ich hörte ihm seine Nervosität förmlich an.
"Koty’na soll auch mit!"
Niemand hatte je beabsichtigt, Koty’na zurückzulassen, die gerade von ihrem grausamen Herrn befreite Sklavin.
"Ja, komm mit, Koty'na", sagte Booker unwillig, weil er nicht wusste, worauf ich hinaus wollte. Natürlich: Keiner hatte daran gedacht, dass man ihr ein Sensorgerät implantiert haben würde, mit dem man sie aufspüren und notfalls auch in einem Feuerball vergehen lassen konnte.
"Die Sklavensprengkapsel", rief ich. "Sie muss entfernt werden!"
"Ich ... habe sie ganz vergessen", gestand Koty’na Si Kuyan.
Da immer noch keiner erfasste, was ich meinte, schrie ich es hinaus: "Die werden hier Sklaven implantiert, um sie an der Flucht zu hindern. Man wird sie in die Luft sprengen, wenn man merkt, dass sie geflohen ist, und uns mit dazu!" Plötzlich bekam ich furchtbare Angst. Was, wenn man es schon wusste und uns nun auf so einfache Weise aus dem Weg räumen wollte?
Tyrn redete nicht lange, sondern zündete ein weiteres Mal das Lichtschwert und durchtrennte vorsichtig den Sklavenring, der das Twi’lek-Mädchen so lange in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt hatte. Dann sah er sich im Raum um. "Wie können wir sie finden?"
"Ich habe ein Gerät, das sie finden könnte", sagte ich stockend. Ich hatte es damals gebaut, als mir Essoc erzählt hatte, ich sei einmal ein Sklave gewesen. Ich hatte ihm nicht geglaubt, aber er hatte mir von den Kapseln erzählt und dass auch ich eine solche in meinem Körper trüge.
Das hatte ich nun wirklich nicht geglaubt, aber ich hatte das Gerät gebaut, um nachzuschauen, ob es stimmte. Ich hatte nie etwas gefunden und das Gerät nur behalten, weil ich eventuell noch einmal die Bauteile benötigen würde, aber mir wurde schlagartig klar, warum es damals nicht funktioniert hatte: Ich war von Essoc frei gekauft worden und deshalb hatte es nicht funktioniert! Meine Kapsel war längst deaktiviert und wurde von keiner Energie mehr versorgt. Mein Tastgerät funktionierte aber auf Energiebasis und suchte nach winzigen elektrischen Kriechströmen, die nicht zu den körpereigenen nervenelektrischen Effekten gehören.
"Schnell", drängte Sanya. Sie hatte, genau wie ich, keine Lust, im Blasterfeuer der Espos zu sterben. Aber das hier war wichtiger. Tyrn fasste es in Worte: "Wir bleiben alle, bis das hier erledigt ist." Dann fügte er hinzu: "Schneller, Herr Chadra-Fan."
Längst hatte ich das Gerät hervorgeholt und glitt über Koty'nas Körper hinweg. Nach endlosen Sekunden registrierte ich ein leises Piepsen, grenzte das Gebiet rasch ein und rief schließlich triumphierend: "Sie ist im Oberschenkel! Genau hier!" Und ich zeigte auf die Stelle und war mir meiner Sache hundertprozentig sicher. Ein Techniker von meinem Format versteht sich auf die Dinge, die er tut, auch wenn viele andere ihn häufig nicht verstehen.
Tyrn fackelte nicht lange. "Das wird jetzt sehr, sehr wehtun", kündigte er an, und Koty'na wurde blass. "Aber es wird Euer Leben retten."
Er zündete sein Lichtschwert, drehte an einem Rädchen, bis die Klinge nur noch halb so lang war wie zuvor, dann schlitzte er, ehe man ihn daran hindern konnte, Koty'nas Oberschenkel in dem bezeichneten Gebiet auf. Wir schrieen alle auf, nur Koty’na nicht. Vor Schmerzen wurde das Mädchen beinahe sofort ohnmächtig.
Tyrn steckte das Lichtschwert an seinen Gürtel und griff in die tiefe, aber nur kleinflächige Wunde ohne Zögern hinein. Ihm war klar, dass es hier um Sekundenbruchteile gehen mochte. Fast zehn Sekunden lang suchte er konzentriert und bohrte in dem Muskel herum, dass mir beinahe schlecht wurde, dann zog er eine nur fingergliedgroße Kapsel hervor. Sie war blutverschmiert, aber glänzte dennoch metallisch. Tyrn warf die Kapsel auf die zusammengebrochene Couch und griff nach der wenigstens einigermaßen sauber gebliebenen Serviette, mit der Koty'na vor Minuten noch ihrem Herrn den Wein serviert hatte, um die frische, furchtbare Wunde ein wenig zu verbinden. Für eine weitere Behandlung blieb keine Zeit.
"Schnell jetzt", drängte Booker und warf sich die verwundete Twi'lek über die Schulter. "Ehe die Espos..."
Den letzten Satz beendete er nicht. Omu, der vorausgeeilt war, rief: "Zu spät!"
Tyrn spähte über die Balustrade, die außerhalb des Luxuswohnbereichs einen Blick hinab in die großzügige Foyerhalle gewährte, nach unten, und machte eine zustimmende Geste: "Sie riegeln den ganzen Sektor ab."
Mir wurde beinahe schwarz vor Augen. Der gestrige Tag und dann der heutige noch dazu: Wo sollte das noch enden? Eines war klar: Ein letztes Mal würde ich nicht soviel Glück haben, und meine neuen Freunde konnten daran auch nicht mehr viel ändern. "Wäre ich doch nie von Chad weggegangen", wimmerte ich. So nahe hatte ich den Tod noch nie gefühlt, und gerade jetzt, wo ich wieder Hoffnungen gehabt hatte, mit diesen guten Menschen neu anzufangen! Sagte ich eben: 'Gute Menschen'? Man sagt wohl so, aber ist dieser Begriff nicht eigentlich ein Paradoxon, hochgeschätzter Leser? Wenn Ihr meine Geschichte bis hierher genau verfolgt habt, stimmt Ihr mir sicher zu.
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Post by Jessica Mind » 5. July 2005 00:19

[Omumoamuomuuma]


Ort: Kiesseks Quartier
Zeitindex: 2.1030 Galaktische Standardzeit

Wenn man mich ein oder zwei Tage vor diesem Vorkommnis gefragte hätte, ob es möglich ist, dass Booker wie ein altertümlicher Ritter ein Mädchen auf Händen trägt, dann hätte ich einen Lachkrampf bekommen. Diese Minuten belehrten mich eines besseren. Koty’na war bewusstlos und lag noch da, wo der Nautolaner ihr dieses ekelhafte Ding aus dem Körper entfernt hatte. Zugegeben: mir war übel geworden, aber ich konnte ja hier nicht mein Gesicht verlieren und unterdrückte den schrecklichen Brechreiz. Nicht oft hatte ich ein solches Blutbad gesehen und das arme Mädchen hatte es ja wohl wirklich nicht verdient dann auch noch so verletzt zu werden. Jedenfalls waren wir uns einig, dass es zu gefährlich war noch länger in dem Apartment zu bleiben. Der dröhnende Lärm des Blasteralarms machte mich noch nervöser, aber als Booker die hübsche Dame auf den Armen hatte, da konnte es endlich losgehen. Eigentlich hätte es ja fast romantisch sein können. Booker mit einer hübschen Dame in Not in den Armen. Wenn man Booker solange kannte, wie ich es tat, dann fand man allein die Vorstellung, dass er das für jemanden tat lachhaft. Die Tatsache, dass er dazu überhaupt fähig war, hatte er, auch wenn man es nicht ganz glauben wollte, Dhan zu verdanken. Sanya ging voraus, weil sie die Wege durch die Station, gleich nach mir natürlich, am besten kannte. „Zu spät!“, meinte der Nautolaner als ich mit Raffi hinter Sanya ebenfalls auf den Gang hinaushüpfte. Gleich wurde mir klar, wieso: zwei Gruppen von Espos hatten sich bereits daran gemacht, die Sektion abzuriegeln. Glaubt mir ruhig, wenn ich sage, dass mir das Herz in die nicht vorhandenen Hosen gerutscht war. „Die Nottreppe!“, rief jemand, aber da war ich schon zu benommen von einer beginnenden Panik um festzustellen, wer es gewesen war. Jedenfalls reagierte Sanya schnell und zielsicher. Sie lief voraus und riss die Tür zur Nottreppe auf.

Als erstes trat Booker hindurch, danach gleich der Nautolaner. Aber dann ging es nicht weiter. Raffi murmelte panisch irgendwelches Zeug:“ Ach, wäre ich doch nur auf Chad geblieben…“ Irgendwie tat er mir leid. Der hatte doch sicher auch niemals damit gerechnet in solche Schwierigkeiten zu geraten. Mir hätte es ja klar sein müssen, obwohl ich lange Zeit gedacht hatte, dass mir auf der Liyquaze nie etwas passieren würde. So gesehen war ich ja damals nicht auf der Liyquaze gewesen… „Halt! Hier ist ihre Flucht zu Ende!“, hörte ich eine mir durchaus bekannte Stimme. Trotzdem quetschte ich mich an dem Laserschwert schwingenden Wesen vorbei und sah dann Lieutenant Harvek persönlich wenige Meter vor Booker stehen. DAS fand ich nun wirklich nicht mehr lustig. Bis dahin war es ja nur ein kleines Abenteuer gewesen, aber in diesem Moment war uns der Weg gleich von drei Seiten abgeschnitten worden.

War es das? Sollte es das gewesen sein? Sollte ich auf Restpoint Station ein jähes Ende finden? Ich war doch noch zu jung zum Sterben!! Ich war schon versucht gewesen laut zu schreien:“ Lasst mich gehen! Ich habe Frau und Kinder!“ Allerdings erschien das selbst mir lächerlich, denn die Espos hätten das wahrscheinlich bloß lustig gefunden, obwohl es doch der Wahrheit entsprach! Eigentlich war ich nicht überrascht als Booker keine Anstalten machte sich zu ergeben. Er hatte eine antrainierte Abneigung gegen alle Polizisten und Leute die ähnlichen Berufen nachgingen. Irgendwann werde ich auch erzählen wie es dazu gekommen war. Jedenfalls schien das Ende nahe zu sein, da wurden zwei der vier Espos erschossen und drei weitere Personen kamen hinzu. Der Eine war irgendwie Echsen ähnlich, der andere schien von Khomm zu kommen. „Tyrn! Ihr habt mir nicht den vollen Betrag bezahlt!“, beschwerte sich die Echse und der Nautolaner, der scheinbar Tyrn war, runzelte die Stirn. Harvek drehte sich indes zu den Neuankömmlingen um, wurde aber sofort von der Echse niedergeschlagen. Booker stöhnte laut los, während der Khommite auch die anderen beiden Espos tötete. Für meinen Geschmack waren das nun genug Leichen für einen Tag gewesen. Die Echse fragte wieder nach Geld, was mir angesichts der brenzligen Situation reichlich blöde vorkam. Aber vielleicht lag das ja auch nur an mir?! „Später! Wir müssen weiter!“, meinte Tyrn und die beiden Neuen folgten uns nun noch zusätzlich. Irgendwie hätte das gut in eine Action- Komödie gepasst, wie sie in den kleineren Coruscanter Filmstudios hergestellt wurden. Wahrscheinlich hätte ich mir den Film sogar angesehen und darüber gelacht, aber IN dem Film zu stecken war nicht lustig. Ganz und gar nicht.

Jedenfalls ging die wilde Jagd jetzt weiter. Schon allein an Bookers Schritten konnte ich sehen, wie ihm das Mädchen allmählich zu schwer wurde. „Was sollte das jetzt mit Geld? Es fehlten 800!“, beschwerte sich die Echse. „Ich hatte gerade nicht mehr. Du wirst den Rest bekommen!“, versprach Tyrn. „Hat das…“, ein schwerer, keuchender Atemzug,“ nicht Zeit bis später?“, fragte Booker und blieb kurz stehen, als keine Espos mehr in Sichtweite war. Jetzt tat mir irgendwie Booker leid. Ich war hin- und hergerissen von meiner eigenen Gefühlswelt. Mitleid, Angst, Irritation und natürlich auch ein wenig Abenteuerlust wechselten einander in rasender Geschwindigkeit ab. Mir brummte der Schädel. Der große Khommite erkannte jedenfalls Bookers schlechte Lage und trat auf ihn zu. „Gebt Sie mir.“, forderte er den Miraluka auf, der sofort in seinem ewigen Misstrauen reagierte. „Nein, ich kenne Sie doch gar nicht!“, entgegnete Booker und trat einen Schritt nach hinten. Das war wieder typisch für ihn! Kaum hatte er etwas, was er als seinen ‚Verantwortungsbereich’ betrachtete, da wollte er es gleich nicht mehr herausrücken. „Du kennst doch auch das Mädchen nicht!“, meinte ich also und sah ihn etwas entgeistert an. Obwohl er den Kopf nicht zu mir drehte, wusste ich, dass er mich ansah. Mit der Zeit konnte man wohl auch Blicke der Macht spüren lernen. „Auch wieder wahr…“, murmelte er und übergab dem Khommiten das Mädchen, der ihr Gewicht kaum zu spüren schien, als wir gleich darauf weiterliefen. „Nennt mich Frosk.“, stellte sich der Khommite unumwunden vor. „Ich bin Booker.“, erklärte der Miraluka. Scheinbar schien der Khommite damit die Sache mit dem ‚Ich kenne den ja gar nicht…’ erledigt haben zu wollen.

Sanya wählte verschlungenen, aber ziemlich direkte Pfade zum Hangar. Sie wusste ziemlich genau wo man ungesehen passieren konnte, was mich in gewisser Hinsicht sogar überraschte. Sanya war die einzige an Bord der Liyquaze gewesen, die es sich hatte leisten können, Dhan einfach nur als Arbeitgeber zu betrachten. Sie hatte nie etwas von seinen kriminellen Machenschaften mitbekommen, obschon sie davon sicher Notiz genommen hatte. Mit vorgetäuschter oder auch echter Naivität hatte sie immer so getan als ob sie nichts wüsste und schien ungefähr so gefährlich wie ein Stück Holz zu sein. Natürlich, der Vergleich hinkt, aber immerhin wäre damit auch ihre Aufnahmefähigkeit bezüglich dieser Dinge erfasst… Sie fackelte jedenfalls nicht lange und schloss die Liyquaze auf, die im Inneren völlig leer war. Ich lief sofort auf die Brücke und fuhr die einzelnen System hoch, während die anderen Koty’na in Sanyas Quartier brachten. Sanya löste die Liyquaze von der Andockbuchse, sodass ich einen Fluchtvektor einschlagen konnte. Es ging alles ganz schnell. Ich hörte, dass Sanya versuchte Mola zu finden, aber ich hatte ihn zu letzt in der Spelunke, in der normalerweise auch K’za und Urkreg abhingen, gesehen. Die Wahrscheinlichkeit das er an Bord war, war ziemlich gering.

Frosk kam auf die Brücke um die Navigation zu übernehme. Dafür war ich sehr dankbar, denn was Hyperraumsprungpunkte betraf, war ich eine echte Niete.

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Liyquaze. Vol. 5

Post by Dwarf Androx » 14. July 2005 22:43

[Frosk 117]
Ort: Cockpit der Liyquaze
Zeitindex: 2.1043 Galaktische Standardzeit

Ich hatte noch nie im Cockpit eines Xiytiar-Transporters gesessen, aber das sollte für einen Navigator vom Planeten Khomm eigentlich kein größeres Problem sein, dachte ich. Gerade hatte ich die schwer am Bein verwundete Twi'lek mit dem Namen Koty'na in der ehemaligen Kajüte des Schiffseigners auf ebendessen Koje gelegt und Tyrns vermutlich fachkundigen Händen überlassen. Die Zabrakfrau, die jetzt als Kommandantin der Liyquaze fungierte, drückte sich an mir vorbei, kurz bevor ich die Steuerkanzel erreichte, wohl, um dem Nautolaner bei der Wundversorgung zur Hand zu gehen. Das war mir nur recht; Frauen waren für solche Dinge besser geeignet, aber die wenigsten taugten wirklich zur Pilotin.
Als ich das Cockpit der Liyquaze betrat, hatte Omumoamuomuuma die Steuerknüppel ergriffen und lenkte das Schiff mit linkisch wirkenden Bewegungen, aber sehr elegant aus der Landebucht heraus. Der Squib wirkte verkrampft und überanstrengt: Offensichtlich war diese Steuerung nicht für Leute seiner Größe konzipiert worden. Ich überlegte mir, dass er normalerweise nur als Kopilot fungieren musste, denn die Kommandantin rief nach jemandem, der Mola heißen musste, aber ich erinnerte mich nicht, außer Booker, dessen Name ich ja kannte, und Omumoamuomuuma hatte ich niemanden an Bord gesehen. Omumoamuomuumas Name wusste ich, weil ich beim Betreten des Schiffs an einer Kabinentür vorbeigekommen war, an der dieser Name gestanden hatte, besser gesagt: Jemand hatte ihn dahin geschmiert, direkt unter Bookers Namen, dessen Lettern akkurat und säuberlich wirkten im Gegensatz zu dem Buchstabensalat, den Booker offensichtlich zwecks besserer Lesbarkeit noch um das Akronym 'Omu' ergänzt hatte. Squib trugen solche Namen. Der Umkehrschluss, dass dieser Squib den Namen Omumoamuomuuma trug, war logisch.
Es war ferner logisch, dass ich das Steuer übernahm. Ich war größer und hatte außerdem eine Ausbildung als Raumfahrer und Navigator aufzuweisen. Omu, wie sich der Pelzträger von allen zeitsparend nennen ließ, räumte den Platz nicht eben begeistert, aber auch er schien einzusehen, dass die brenzlige Situation einen Mann mit antrainierten Reflexen erforderte. Mit anderen Worten: mich.

Ich quetschte mich in den viel zu weit nach vorne geschraubten Sessel und suchte als allererstes nach dem Verstellhebel für die Rückenlehne. Dabei überflog ich mit den Augen die Instrumente.
"He, die Mühle ist ja nur Schrott!" entfuhr es mir. Als dieses Cockpit seine letzte Generalüberholung erlebt hatte, hatte ich noch im Bruttank gelegen, vermutete ich. Von der reinen Funktionalität konnten der desolate Zustand der Geräte und die teilweise aus den Nähten quellende Sesselpolsterung allerdings nicht ablenken: Die wichtigsten Anzeigen waren doch recht übersichtlich angeordnet, nur einige Schaltflächen, die ich üblicherweise an Bord khommitischer Raumabwehrschiffe selbst bedient hatte, befanden sich auf der Seite meines Kopiloten. Ich würde mich mit Omu absprechen müssen.
Dann begann ich mit den Kursberechnungen.
Mein Blick fiel auf einige kleine Monitore, die derzeit offensichtlich keinem besonderen Zweck dienten. "Wozu dienen sie?"
Omu antwortete nicht, sondern schaltete sie ein. Vier der Monitore dienten der Bordüberwachung und man konnte sie offensichtlich auch umschalten. Einer, der größte von ihnen, war aber der Navigationscomputer, den ich schon unterbewusst vermisst hatte. Auch das dazugehörige Bedienelement fuhr aus der Konsole aus und sofort fühlte ich mich wohler. Man sah, dass dieser Computer ein recht modernes Gerät war, fast so ausgefeilt wie die militärischen Geräte, mit denen ich schon gearbeitet hatte.
Während meine Finger wie automatisch begannen, einige überschlägig im Kopf errechnete Zahlenreihen einzugeben und auf der Sternenkarte den sichersten Kurs zu diesem Punkt zu suchen, wo wir uns neu orientieren wollten, beobachtete ich die Überwachungsmonitore. Einer zeigte die untersetzte Gestalt des Chadra-Fan, der auf dem Zentralkorridor stand, welcher die Antriebssektion mit dem Fracht- und Wohnbereich des Xiytiar-Transporters verband. Hier befand sich auch das Quartier des Kapitäns, wo ich Koty'na zurückgelassen hatte: Raffi Nibbit blickte neugierig hinein. Omu wusste, was mich interessierte, und er ließ die Kamera näher heranfahren, so dass wir einen kleinen Einblick in die Geschehnisse an Bord erhielten.
Allmählich beschleunigte die Liyquaze weiter. Ich hatte schon lange nicht mehr in einem derart trägen Kahn gesessen, aber für ihre Masse und die reine Nutzlast, die sie befördern konnte, war sie schon verhältnismäßig wendig. Ich mochte das Schiff trotz seiner erheblichen Schwächen sofort, schon wegen des Navigationscomputers und auch, weil seine Erbauer im nahezu khommitischen Geist nur auf Funktionalität, nicht aber auf äußerliche Eleganz geachtet hatten. Natürlich die Firma TransGalMeg nicht an rasche Fluchtmanöver und Verfolgungsjagden mit der Polizei gedacht, als sie diesen günstigen Mittelklassenfrachter entwickelt hatte, aber dennoch hätte das eine oder andere Megalight mehr nun wirklich nichts geschadet. Wenn die Espos uns auf die Schliche gekommen waren, war die Verfolgung schon längst im vollen Gange.

Unvermittelt tauchte Ssavaarl, der Trandoshaner, hinter mir auf. Er hatte sich, vermutlich ohne es bewusst zu wollen, an mich herangepirscht. Omumoamuomuuma erschrak sehr viel heftiger als ich, aber auch mich lenkte sein plötzliches Erscheinen ab, so dass ich einen unnötigen Schlenker flog. Ssavaarl tat, als bemerke er nichts. Es schien ihm ein Greuel zu sein, um die verwundete Twi'lek herumzustehen, von deren Versorgung er ohnehin nichts wusste, und wollte sich lieber bei der Flucht nützlich machen.
"Wie es aussieht, gibt es hier keine Bordbewaffnung", sagte er, denn das hatte er wohl von Booker erfahren. "Aber als Funkorter kann ich mich nützlich machen."
Omu drehte sich kaum um, vielleicht auch nur, um zu verbergen, dass ihm das Herz spätestens jetzt bis zum Hals schlug. "Die Sensoranzeigen habe ich hier vorne, aber eine bessere Auflösung als die Automatik kann nichts schaden", antwortete er erstaunlich kurz angebunden. Ssavaarl zischte etwas, das ich nicht verstand und auch nicht verstehen wollte, und das von einer übelriechenden Wolke Echsenduft begleitet wurde. Ich runzelte die Stirn, während Omu beinahe würgen musste und kurz die Kontrollen aus den Augen verlor. Doch kaum hatte Ssavaarl die Ortungskonsole übernommen, die bisher vom Autopiloten mitgesteuert worden war, wurden die Sensordaten wesentlich besser aufgelöst. Der Trandoshaner, ob nun sympathisch oder nicht (ich entschied mich dafür, ihn als 'nützlich' einzustufen), beherrschte seine Kunst. Das musste er auch, immerhin war er Kopfgeldjäger und arbeitete nach eigener Aussage immer alleine, in der Hoffnung auf den nächsten großen Wookieepelz, den er der ewigen Zählerin auf ihrem blutigen Altar opfern konnte, und da musste man neben einer Menge Verschlagenheit, Spürsinn und Skrupellosigkeit auch einiges an technischem Sachverstand aufweisen.
Ehe ich mir die Sensorendaten genauer betrachten konnte -- immerhin ließ ich den Navigationscomputer auch nicht aus den Augen und hatte auch noch einen Kurs zu halten --, analysierte Ssavaarl die nächste Gefahr. "Sie haben unsere Flucht entdeckt", kündigte er seelenruhig an. "Die CSA startet Authority-IRD-Jäger und zwei Marauder-Korvetten."
"Distanz?" fragte ich zurück.
"Sieben punkt drei." Immerhin: Das war noch weit außer Feuerreichweite. Allerdings beschleunigten die Raumjäger auch wesentlich schneller als die Liyquaze und über die Triebwerksspezifikationen einer Marauder-Korvette wusste ich nicht genug, um mich vor ihnen sicher zu fühlen. Und nicht einmal Waffen gab es an Bord!
"Sie fordern uns zum Anhalten auf", sagte Ssavaarl, der, als ich mich umdrehte, ein Mikrophon mit Kopfhörern übergezogen hatte und damit wirklich grotesk wirkte. "Ich ignoriere es einfach", sagte er. Natürlich sollte er das: Wir hatten Espos getötet und uns der Sektorverwaltung widersetzt. Anzuhalten wäre gleichbedeutend mit dem Tod gewesen. Die Flucht war der einzige Ausweg.
Die Frau, der die Liyquaze offenbar gehörte, kehrte auf die Brücke zurück und mit einem Mal fand ich es geradezu bedrückend voll in der kleinen Kanzel. Schon Ssavaarl und sein Körperduft beanspruchten Platz für zwei und die Gehörnte vertrieb mir meinen eigentlich ganz angenehmen, kleinen Kopiloten, der sie mit "Hallo, Sanya" begrüßte (endlich wusste ich auch ihren Namen) und sich daraufhin veranlasst fühlte, dem Trandoshaner zur Hand zu gehen.
"Zwei punkt fünf", meldete dieser mittlerweile, stoisch wie schon zuvor.
An den Außenfenstern zogen einige wirklich schlecht gezielte, blasse Laserstrahlen vorbei. Ich hoffte, dass dies nicht nur ein Warnschuss war.
"Das schaffen wir", sagte ich. In diesem Moment piepste der Navigationscomputer seine Meldung, dass der Fluchtkurs zu Ende berechnet war. In der Erwartung einer Warnautomatik zog ich einfach die Hebel zusammen, die den Hyperraumsprung auslösen sollten. Eine Automatik gab es nicht, aber mit plötzlicher Wucht sprang die Liyquaze in den Hyperraum.

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Liyquaze. Vol. 6

Post by Dwarf Androx » 31. July 2005 21:04

[Tyrn]
Ort: Liyquaze, Dhans und Sanyas Quartier
Zeitindex: 2.1048 Galaktische Standardzeit

Während sich der khommitische Söldner und der vorlaute Squib um unsere Flucht kümmerten, nahm ich mich der Genesung der jungen "hübschen Dame" von Ryloth an. Ich selbst hatte sie mit dem Laserschwert verwundet. Ihre Schmerzen mussten grausam sein. Wäre sie bei Bewusstsein gewesen, hätte ich ihre gequälten Emotionen gewiss abblocken müssen, um mich vor dem Wahnsinn zu schützen. Um sie zu retten, hatte es leider keinen anderen Weg gegeben, soviel stand fest, aber ich fühlte mich dennoch schrecklich deswegen. Nein, diesmal war es nicht die Reflexion fremder Emotionen, sondern schlicht und ergreifend mein eigenes Empfinden. Niemandem wünschte ich den grauenhaften Schmerz, den ein Laserschwert verursachen konnte, vor allem nicht mehr, seit ich mein eigenes besaß, dank Ssavaarl, dem trandoshanischen Dieb. Kurz ließ ich bewusst die Empfindungen aus meiner unmittelbaren Umgebung auf mich einströmen. Neben der Angst des Chadra-Fan, den ich noch nicht so recht einordnen konnte, und der hilflosen Verwirrung der Zabrakfrau an meiner Seite spürte ich ganz schwach, wie Koty'nas Geist sich regte. Selbst im Schutz der Ohnmacht litt sie sehr. Ich musste ihr unbedingt helfen!
Etwas anderes blieb mir auch gar nicht übrig, denn zu meinem großen Entsetzen gab es keinen Arzt an Bord dieses Xiytiar-Transporters, ein personelles Versäumnis, das im Weltraum schnell zu einem ernstzunehmenden Problem werden konnte. Ich wusste, was ich sagte. Zwar hatte ich Glee Anselm erst vor wenigen Monaten verlassen, um endlich meiner Bestimmung zu folgen und einen Meister zu suchen, aber dennoch hatte ich schon einige erschreckende Erfahrungen gesammelt. Es war eine grauenhafte Zeit, in der wir lebten. Seit einigen Tagen herrschte wieder der offene Krieg. In kürzester Zeit waren viele Millionen -- was sage ich? Milliarden! -- Leben erloschen. Mon Calamari, Kashyyyk, Dantooine, Malastare... überall hausten Tod und Verderben. Und ich hatte jedes einzelne Sterben gespürt, nicht stark, aber stetig, ein beklemmendes Gefühl, für das ich die Hapaner, die Urheber dieser Schrecken, zutiefst verachtete. Nächtelang hatte ich wachgelegen und mir vorgestellt, welche Qualen Luke Skywalker oder ein anderer großer Meister nun wohl erdulden musste. Vielleicht war manche empfindsame Seele an dieser Pein zerbrochen. Die Macht schenkt denen, die sie zu verstehen suchen, vieles, doch gnädig ist nicht zu ihren Kindern.

Ich bemerkte, dass dieses junge Ding von Iridonia, das wohl trotz ihrer Jugend die Wortführerin der Besatzung war, mich von der Seite anstarrte und wohl annahm, ich bemerkte es nicht. Ich ließ die Zabrak in diesem Glauben und öffnete erneut meinen Geist, um kurz ihre Emotionen zu reflektieren. Sie war noch völlig durcheinander von dem Kampf und der hektischen Flucht, und sie atmete schwer. Vermutlich war sie lange schon keine längeren Wege mehr gerannt. Sie war an das Leben an Bord eines engen Raumschiffs gewöhnt und betrachtete dieses hier noch dazu als ihr Reich, in das ungebetene Gäste eingedrungen waren: Ssavaarl, Frosk-117 und ich. Raffi und Koty'na akzeptierte sie eher, da sie sich beiden überlegen fühlte, aber der Söldner, der Dieb und der Jedi (ob sie mich wirklich für einen solchen hielt?) stellten eine unübersehbare Bedrohung dar. All dies konnte ich ihr anmerken, ohne auch nur den Kopf zu heben: Das Geschenk der Macht an mein Volk. Und mein Fluch, gewissermaßen. Die Verletzte schien die Zabrak im Moment nur am Rande zu interessieren. Mich allerdings umso mehr.
"Ich muss Koty'nas Wunde behandeln", stellte ich sachlich fest, nachdem ich mit routinierten Griffen ihre Lebensfunktionen überprüft hatte. "Habt Ihr wenigstens eine Bordapotheke?" Booker, der augenlose Mann, den ich zunächst für den Kommandanten gehalten hatte, hatte ja behauptet, es gebe, da man ja keinen Arzt an Bord habe, auch kein noch so winziges Lazarett. Ich suchte dringend nach Notbehelf.
Meine Frage überrumpelte die junge Zabrak so sehr, dass sie mir unwillkürlich antwortete, ehe sie sich wieder ihres Misstrauens entsann: "Ja, die ist... hört mal, wer seid Ihr überhaupt?" fragte sie dann ungehalten. Sie konnte sich noch nicht auf das Wesentliche konzentrieren. Als hätte ich es geahnt!
Dennoch war, so erkannte ich, meine Unhöflichkeit unverzeihlich. Ausgerechnet mir musste dieser Fehler unterlaufen, nachdem ich schon so oft die Erfahrung gemacht hatte, dass man mit einem höflichen Auftritt weit mehr erreichte, als wenn man seine Forderungen schroff mit einer Blastermündung unterstrich. Das war für mich weit erschreckender, als Ihr es vielleicht glaubt. Es zeigte mir deutlich, dass auch ich, nach jahrelangem, intensiven Selbststudium der Wege der Macht, nicht einmal ansatzweise die simple Situation beherrschte, die sich in diesem Appartment zugetragen hatte. Im Ernstfall war all mein theoretisches Wissen beinahe ohne Nutzen. Ich war nicht mehr als ein zweitklassiger Gelehrter mit einer zivilen Krankenpflegerausbildung, der sich in seiner Freizeit mit dem Nachstellen von in Datenspeichern gezeigten Kampfstilen beschäftigte, und der bis zum heutigen Tag noch niemals ein echtes Lichtschwert in den Händen gehalten hatte, geschweige denn es einzusetzen. Plötzlich fühlte sich die altehrwürdige Waffe an meinem Gürtel unglaublich schwer und unecht an und in mir nagte die Frage, ob sie wohl mal einem der alten Meister gehört und schon viele Leben ausgelöscht hatte. War ich es überhaupt wert, sie zu tragen? Ich jedenfalls hatte mit ihr getötet, aber wer eines Lichtschwerts nicht würdig ist, so hieß es in zahlreichen Gleichnissen der Jedi, der überschreitet eine Grenze, an der er zwangsläufig zerbrechen muss.
Jetzt hatte ich noch dazu selbst den Blick für das Wesentliche verloren; anstatt Koty'na endlich zu helfen, starrte ich die Zabrakfrau aus schmalen Augenschlitzen an. Wie hieß es doch in den teils Jahrhunderte alten Aufzeichnungen, die ich gelesen hatte? Meister Yoda hatte es oft zitiert: Ein Jedi lebt weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft. Das Hier und Jetzt sind der Ort und die Zeit seines Handelns.
Diese wichtige Lektion kannte ich auswendig, aber erlernt hatte ich sie bei allem Bemühen noch nicht. Ich ließ mich beeinflussen. Ich ließ mich von dieser blutjungen Zabrak in die Irre führen. Vielleicht, regte sich in mir die irrwitzige Hoffnung, kam ich auch einfach nicht mit dem Konflikt klar, dass ich als Mediziner gerade einige Leben ausgelöscht hatte. Es widersprach meiner Überzeugung und dem Eid und... Nein, das konnte es nicht sein. Wie lächerlich einfach diese Erklärung wäre!
Ich gab mir die Mühe, den aufkeimenden Ärger auf mich selbst zu unterdrücken, da die Luft in diesem engen Schlafraum ohnehin zu knistern schien. Ich wollte die Kommandantin auch nicht weiter reizen; ohne Booker und in einem besser überlegten Moment hätte sie mich vermutlich nicht einmal an Bord gelassen. Unterbewusst wurde mir klar, wie wichtig dieser Miraluka für den Zusammenhalt der Besatzung war. Sanya mochte die Kommandantin sein, aber sie war es nur auf dem Papier, und Booker katzbuckelte nur scheinbar vor ihr. Als Booker mich akzeptiert hatte, hatte auch sie nicht anders handeln können. Trotzdem hatte ihre Geduld ein Ende.
"Tyrn ist mein Name", holte ich mein Versäumnis also nach, wertvolle Sekunden später.
"Ich bin Sanya Bekna", erwiderte sie frostig. Ihr Blick fiel auf die Verwundete. Endlich! "Was braucht Ihr also?"
"Was immer Ihr habt", rief ich. Derweil warf ich Booker einen Blick zu, und dieser verstand sofort. Ich hatte Koty'nas Bein notdürftig mit ihrem ohnehin nutzlosen Hosenbein abgebunden, um keine Keime hineinzulassen, aber meine Knoten waren fest. Booker zog ein Messer aus seinem Gürtel und reichte es mir schweigend. Dann verschwand er, als Sanya ihm zunickte, wohl, um die Bordapotheke zu holen. Vorsichtig zerschnitt ich den Verband und legte die saubere Wunde frei. Trotz der prekären Lage verharrte ich einen Moment, um den Schnitt zu betrachten. So präzise war wirklich nur ein Lichtschwert. Beinahe machte mich der Anblick stolz. Ich hielt inne. Was war das bitte für ein perverses Gefühl, so ganz und gar unwürdig eines Jedi? Ich hatte fraglos noch einen weiten Weg vor mir. Oder hätte Meister Skywalker so etwas gedacht?

Als Booker zurückkehrte, hatte ich die Wunde freigelegt. Er brachte eine wirklich erbärmliche Ausrüstung an und erst später verriet er mir, dass er einiges davon sogar bei Frosk-117 'ausgeliehen' hatte, der seinen imperialen Sturmtruppentornister einfach im Korridor stehen gelassen hatte. Ich improvisierte mit Handtüchern eine einigermaßen saubere Unterlage und injizierte Koty'na dann nach der ersten groben Wundreinigung eine Dosis Morphium, die eingedenk ihrer Unterernährung schon beinahe bedrohlich stark dosiert war. Mit einem Hypospray reinigte und stabilisierte ich die Wunde, legte dann eine Aderpresse an, um eventuelle Blutungen einzudämmen. Den Feldkauterisierer würde ich nicht brauchen: Den Zweck der Wundverschließung hatte mit einer grässlichen Effizienz das Laserschwert schon selbst besorgt. Viel wichtiger war es, die zerfetzten und zusammengebackenen Adern, Muskelstränge und Nervenbahnen wieder soweit freizulegen, dass eine bactahaltige Emulsion, die ich glücklicherweise in einem FastFlesh-Medikit von BioTech entdeckte, den Heilungsprozess in die Wege leiten konnte. Dazu nahm ich Frosks chirurgisches Feldbesteck zur Hand, aus Medizinersicht ein wahrlich notdürftiges Provisorium, aber für einen Feldsanitäter schon beinahe eine Geschenk der Macht. Ich selbst hatte einige Jahre in der planetaren Miliz von Glee Anselm gedient, und nur deshalb wusste ich mit diesem Gerät umzugehen, aber eigentlich waren solche Eingriffe die Sache eines Arztes und eigentlich hatte ich bisher nur frisch geschlagene Wunden mit dem Kauterisierer stabilisiert und nur selten mit schlimmeren Verletzungen hantiert. Das sagte ich aber niemandem, denn ich wusste, dass Koty'na ihr schönes Bein verlieren würde, wenn die stellenweise unterbrochene Blutversorgung noch länger aussetzte.
"Bereitet Ihr, Booker, bitte ein FastFlesh-Gewebe vor. Und besorgt Euch für die Zukunft eine größere Auswahl von Breitbandantibiotika. Dieses Hypospray taugt nicht viel." Booker schwieg dazu und machte sich an die Arbeit.
Es dauerte lange, bis ich meine erste Zurückhaltung verlor und mich schon etwas routinierter fühlte. Das Laserskalpell lag ruhig in meiner Hand, obwohl die Unruhe von Raffi Nibbit und Sanya auf mich einströmte. Booker schlug dem Chadra-Fan klugerweise vor, doch schon einmal die Maschinenräume zu inspizieren, und dieser verschwand begeistert, nachdem der Miraluka ihm versichert hatte, dass es Koty'na bald wieder besser gehen werde. Sehr überzeugt davon wirkte er nicht, und ich selbst war mir der Sache plötzlich auch nicht mehr so sicher, als ohne Vorwarnung und mit einem Ruck die Liyquaze in den Hyperraum sprang. Glücklicherweise hatte ich intuitiv gespürt, dass gleich etwas geschehen würde, als ich meinen Gedankenschirm kurz für die Empfindungen der Leute im Cockpit geöffnet hatte. Dennoch hätte ich Koty'na beinahe verletzt.
Sofort entschuldigte sich Frosk-117 über die Bordsprechanlage. "Entschuldigt, ich hätte mit einem automatischen Warnsignal gerechnet. In zwei Lichtjahren erreichen wir eine Orientierungsmarke, bis dahin solltet Ihr Euch das nächste Ziel überlegen", fügte er hinzu.
Ich konnte mich nicht darum kümmern. Koty'na erwachte. Ich spürte sie, noch ehe sie leise stöhnen konnte. Sofort beugte ich mich zu ihr herunter. Sanya und Booker traten einen besorgten Schritt näher.
"Sie leidet Schmerzen", erkannte Sanya. "So tut doch etwas."
Ich schüttelte den Kopf, eine Geste, die ich mir bei den Menschen abgeschaut hatte und die im ganzen bekannten Universum mittlerweile Gültigkeit besaß. "Mehr Morphium können wir ihr nicht geben", sagte ich. "Das übersteht sie nicht." 'Und außerdem', fügte ich in Gedanken hinzu, 'haben wir ohnehin nicht mehr genug, um ihre Schmerzen zu lindern. Das Hypospray wird reichen müssen.'
"Koty'na", sprach ich meine Patientin an, deren Wunde noch immer weit auseinanderklaffte -- ein übliches Symptom bei durchtrennten Muskelsträngen. "So heißt Ihr doch. Koty'na, habe ich recht?"
Ich wusste, dass ich recht hatte, aber es ging um etwas anderes. Wenn sie mir jetzt einen Kreislaufkollaps erlitt, war es erst einmal vorbei mit der Wundversorgung, dann ging es um ihr nacktes Leben. Und das konnte sich für ihr Bein als wirklich, wirklich problematisch erweisen.
"Ja", ächzte sie schwach und verzog sofort wieder das Gesicht, als ob ihr selbst das Nachdenken über ihren Namen körperliche Schmerzen bereitete. Womöglich hatte sie einen Schock erlitten und wir hatten es nicht bemerkt? Ich fühlte Panik in mir hochsteigen und grässliche Angst. Als ich begriff, dass es Koty'nas Emotionen waren, blockte ich sie ab und ging mit der kühlen Sachlichkeit eines Feldschers, der schon zuviel gesehen hat, um noch erschüttert zu sein, wieder an die Wundversorgung. Dabei sprach ich laut und deutlich auf sie ein und es war mir eigentlich egal, was sie sagte, solange sie mir Antwort gab.
"Erzählt mir von Euch, Koty'na", verlangte ich und fügte hinzu, ehe sie darüber nachdenken konnte und mich in ein Gespräch verwickelte: "Ich kann Euch helfen, aber nur, wenn Ihr mir von Euch erzählt."
Sie dachte doch wieder nach. "Ich bin... Koty'na Si Kuyan", sagte sie schließlich. "Von Tatooine."
Da knüpfte Booker an; er hatte den Sinn meiner Ablenkungstaktik durchschaut. Tatooine war nicht eben der übliche Geburtsort eines Twi'leks, deren Volk bekanntlich vom nahegelegenen Planeten Ryloth stammte. Also fragte er nach, während ich mich beeilte, endlich alle kauterisierten Wundstellen freizulegen. Ich hatte dank der Macht kein größeres Gefäß erwischt, sonst hätte Koty'na bereits jetzt im Blut geschwommen oder, noch schlimmer, einen erstklassigen Volumenmangelschock erlitten. Naja, außer das Bein hochzulegen und sie wach zu halten, hätten wir ohnehin nichts tun können, um ihn zu behandeln. Und genau das taten wir gerade. Warm genug war es in diesem Raum. Sanya hatte außerdem Wasser gebracht. Schiefgehen konnte nach meinem Ermessen nicht mehr viel, zumindest, was Koty'na betraf.
Tatsächlich gelang es mir, die Wunde mit dem von Booker vorbereiteten Synthetikfleisch zu verkleben und die Infektionsgefahr mit einer bactahaltigen Emulsion zu bannen, welche zugleich auch noch den Heilungsprozess beschleunigte. Das Mädchen von Tatooine blieb wach. Sanya hielt ihre Hand. Booker fragte sie aus.
"Als ich fünf war, zogen wir um. Wir gingen nach Agamar", berichtete Koty'na Si Kuyan. Anscheinend hatte ihr Vater dort eine bessere Arbeitsstelle gekriegt, der eigentliche Grund war mir allerdings auch herzlich egal.
Trotzdem sagte ich: "Von diesem Planeten habe ich noch nie etwas gehört." Das stimmte natürlich, aber dieser Planet, ein Dschungelplanet im Außenrandterritorium, wie offenbar jedes bedeutungslose Nurbeinaheparadies in dieser Galaxis, hätte mich im Moment nicht einmal interessiert, wenn ich erfahren hätte, dass Luke Skywalker dort eine Villa besaß und nur auf einen nautolanischen Padawan wartete. Agamar schien für sie jedenfalls mehr oder weniger schöne Lebensumstände geboten zu haben. Tyna sagte, sie habe zunächst mit ihren Eltern in der Hauptstadt Calna Muun gelebt, bis sie einige Jahre später aufs Land gezogen seien, in eine kleinere Stadt mit einem halblegalen Schmugglerraumhafen namens Sis Wyna. Booker schien sich in der Tat dafür zu interessieren und den Planeten sogar zu kennen, mir war es nach wie vor sowas von egal. Wichtig war nur, dass sie wach blieb.
Ich verschloss die scheußliche Wunde endlich und verband sie sorgfältig. Das nächste für sie war ein Besuch bei einem zugelassenen Arzt, aber wenn ich mich nicht völlig täuschte, würde meine Versorgung ihr auch einige Tage lang das Leben erleichtern. Ich war nicht sicher, ob ein Jediritter das sein darf, aber ich war stolz. Ich hatte meine erste gute Tat vollbracht und eine Sklavin befreit. Ganz... naja, fast ganz alleine. Mit viel Glück, der Macht und ein paar Freunden auf meiner Seite. Zumindest hoffte ich, dass sie sich als Freunde erweisen würden. In ihren Emotionen hatte ich nichts falsches verspürt, aber ich hatte mich auch nicht so recht darum gekümmert.
Koty'na liefen die Tränen die Wange herunter. Sie hatte in den letzten Sekunden geschwiegen, aber ich spürte sehr wohl, dass das Morphium zu schwach gewesen war, um ihr die schmerzhafte Behandlung wirklich zu erleichtern. Ich versuchte etwas, das ich in den Monaten meines Studiums auf Glee Anselm mehrfach ausprobiert hatte.
"Schlaft jetzt", sagte ich und legte Koty'na die Hand auf die Stirn. Die anderen blickten mich, inklusive Koty'na, an, als sei ich ein Schwachsinniger. Nun, ich hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass es funktionieren würde. Omu war derweil zurückgekehrt, da ein Schiff im Hyperraum einfach keinen Piloten braucht, es sei denn, es besitzt eines jener seltenen und wertvollen Triebwerke, die auch im überlichtschnellen Kontinuum den Kurs ändern können. Der kleine pelzige Navigator verzog seine Schnauze zu etwas, das bei seinem Volk einem hämischen Grinsen entsprochen hätte, und ich konnte förmlich spüren, was er in einigen Augenblicken sagen würde. Allerdings hatte er nicht mit meinen Fähigkeiten gerechnet. Koty'na brauchte etwas länger als mein kleiner Bruder, an dem ich geübt hatte, wenn er mich nicht in Ruhe meinen Studien überlassen hatte, aber noch während Omu sich eine seiner schlagfertigen Bemerkungen zurechtlegte, kippte ihr Kopf zur Seite. Das war einer der wenigen Tricks, die ich in der Tat schon beherrschte und die mich von einem beliebigen anderen Nautolaner unterschieden. Ihre Emotionen glitten ins Surreale ab. Ihre Schmerzen wurden zu einem diffusen Gefühlswirrwar.
"Gut", sagte ich. Omu entglitt sein Grinsen und er fragte bloß: "Gut?"
"Sogar ziemlich", bestätigte ich. "Sie ist jetzt relativ schmerzfrei und schläft."
"Empath?" fragte Booker scheinbar zusammenhangslos. Ich blickte ihn etwas länger an als nötig, um zu begreifen, dass er einfach ein guter Beobachter war. Und was ein Miraluka sonst noch vermochte... nun, es gab keinen Grund, das herauszufinden. Ich ignorierte Omus Wichtigtuerei, der Bookers Wortschatz in Frage stellte und behauptete, er habe doch überhaupt keine Ahnung, was ein 'Empath' sei.
"Nautolaner", erwiderte ich über Omus Possen hinweg, als erklärte das schon alles. Aber offenbar wusste keiner von ihnen, dass jeder Nautolaner Gefühle anderer Wesen -- meinethalben konnte man es Empathie nennen -- reflektieren und daraus Rückschlüsse auf ihren Gemütszustand ziehen kann. "Ja: Empath", fügte ich also hinzu und ließ die Schultern hängen. Mit einem Mal fühlte ich mich müde und ausgelaugt. Kein Wunder: Ich hatte heute getötet, geheilt und von einer meiner Fähigkeiten Gebrauch gemacht. Und ich hatte ein Laserschwert stehlen lassen, das einzige, das ich nach monatelangen Recherchen aufgespürt hatte, in der Hand eines Unwürdigen noch dazu, der es aus reinen Prestigegründen nicht hatte verkaufen wollen.
Frosk-117 kam nach hinten. Er brachte Raffi Nibbit mit, dessen Augen angesichts der Technologie an Bord begeistert leuchteten. Natürlich hatte er sich ebenfalls um Koty'na Sorgen gemacht, schon, weil er als Chadra-Fan jedes Wesen, das ihm nicht immer und immer wieder Leid zufügte, als potentiellen Freund betrachtete. Und um Freunde machte man sich schließlich Sorgen. Ich beneidete ihn um seine unkomplizierte Philosophie: Ihm entging vieles Leid in diesem Universum. Aber er ließ sich auch ausnutzen. Ich hoffte, dass die Besatzung der Liyquaze das nicht ebenfalls vorhatte. Nachdem ich die meisten von ihnen gerade mal eine knappe Stunde kannte, war ich noch längst nicht gewillt, ihnen rückhaltlos zu vertrauen.
Auch Frosk, Ssavaarl und Booker machten einen leicht nervösen Eindruck. Jetzt, wo die unmittelbare Gefahr vorüber war, fiel ihnen auf, wie grotesk die gegenwärtige Situation war. Ein zusammengewürfelter Haufen von Individualisten waren wir, die alle eigene Ziele verfolgten. Plus die Besatzung der Liyquaze, die offenbar nur aus vier Personen bestand, wenn man den Typen namens Mola nicht mit einbezog, der mir den Weg zu Booker gewiesen hatte. Aber der war nicht an Bord.
"Was machen wir jetzt?" fragte der Khommite in den Raum hinein.
"Sie braucht neue Kleider", sagte Sanya Bekna, obwohl das nun sicher nicht die erwartete Antwort gewese wäre. Aber es stimmte: Koty'nas Kleider taugten nur noch für den Abfall. Sie waren in Blut getränkt und hingen zum größten Teil in Fetzen herunter. Ehe Sanya sich aber darum kümmern wollte, mussten die nächsten Stunden geplant werden. "Also... was nun? Jemand eine Idee?" fragte sie. Das fand ich eine sinnvolle Frage, vor allem aus dem Mund einer Raumschiffskommandantin, die sehr viel Wert auf ihre Kommandoautorität legte. Es war klar, dass dies vor allem Booker galt.
"Zunächst braucht Koty'na einen Arzt mit anständiger medizinischer Ausrüstung", warf ich ein. "Gibt es in der Nähe etwas, wo die CSA nicht allzu stark vertreten ist? Eine Minenkolonie? Eine Asteroidenstadt?"

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Jessica Mind
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Post by Jessica Mind » 30. November 2005 21:46

[Omumoamuomuuma]

Ort: Liyquaze, Gemeinschaftsraum
Zeitindex: 2.1050 Galaktische Standardzeit

Die Frage nach unserem nächsten Zielort lag im Raum. Die wenigstens von uns kannten sich in der Galaxie aus, mit Ausnahme von mir. Wir Squibs sind in der ganzen Galaxie für unsere Neugierde bekannt. Auch wenn sowohl die Neue Republik als auch das Imperium versucht hatten sich unsere Informationen anzueignen blieben wir doch unserer neutralen Linie treu. Ich persönlich favorisierte ja die Republik, aber deswegen blieb ich trotzdem den Statuten meines Volkes treu. Booker wusste von meiner ‚speziellen’ Karte, auf der schon mein Vater und mein Großvater gute ‚Handelsposten’ eingetragen hatten. Die Not zwingt einen zur Tat und ich wollte die hübsche Twi’ lek nicht leiden lassen. Mit gehörigem Misstrauen und noch größerer Vorsichtig holte ich aus meinem Geheimfach den abgenutzten Datenkristall. Behutsam schob ich das Erbstück in den hochwertigen, von Dhan selbst installierten Holoprojektor und die große Galaxiekarte, die einst mein Urgroßvater eingetauscht hatte, erschien. Mit glänzen Augen und voller Freude betrachtete ich dieses Meisterwerk squibischer Spionagekunst. Seit dieses gute Stück sich im Besitz meiner Familie befand wurde es bei jedem Familientreffen aktualisiert. Dort und da wurden Hinweise auf diverse mehr oder weniger nützliche Orte angebracht. Das ich hauptsächlich gute Verstecke, interessante Lokale, Schlupflöcher und streng geheime Handelsinformationen der Unterwelt zur familiären Enzyklopädie beitrug brachte mich in eine hervorragende Position. Meine Familie liebte und achtete mich und ließ mich deswegen ungefragt monatelang fortbleiben ohne zu meckern. Sogar meine Frau hatte sich mit meiner ständigen Abwesenheit abgefunden und war zu meiner Schwester gezogen. Mein armer Schwager musste sich nun auf sieben Frauen kümmern (da auch meine uns seine Töchter noch in dem Haus lebten). Dafür brachte ich ihm immer Delikatessen oder zumindest irgendein Sammlerstück mit. Mein Schwager, Groudilininida, genannt Groudi, sammelte nämlich ausrangierte Droidenroller. Das waren jene Teile, die normalerweise der Fortbewegung der unbelebten Diener diente. Groudi konnte hunderte, wenn nicht tausende von Rollen unterscheiden und lagerte jene in einem riesigen Keller unter dem Haus.

Jedenfalls gehörte ich zu dem Teil der Familie der am wenigsten sesshaft war und erfreute mich dementsprechender Beliebtheit. Booker galt als Ehrenmitglied meiner Familie und ich betrachtete ihn als Bruder, den ich nie hatte. Nun brachte ich, ausnahmsweise, mein Familienerbstück ein um dem armen Mädchen eine lange Wartezeit zu ersparen. Die Galaxiekarte konnte über eine uralte Software gefiltert werden und ich suchte nach Kontakten mit akademischen Titeln. Dabei kamen ein paar Professoren und viele Doktoren zum Vorschein. Viele der Einträge hatte ich selbst gemacht. Die andern sahen nur mit Unverständnis auf die Karte, die für nicht- Squibs nicht nur schwer sondern fast gar nicht zu lesen war. Das lag nicht zu letzt daran, dass alles in meiner Sprache und Schrift beschrieben wurde. ‚Also gut… Das hier ist ein Geologe… Interessant… Ein Hirnchirurg… Hm… Zu weit weg… Ein… Igitt… Nein, nein… Nun… Nein. Aber das… Hm… Ja!’, überlegte ich während ich die Suchergebnisse nach einer passenden Anlaufstelle für uns durchsuchte. Ich fand den Eintrag von meinem Cousin zweiten Grades, der einmal auf der Suche nach einem Geschenk für seine Angebetete auf einer Edelsteinminenstation gelandet war. Der Name der Station war Kilmina IV, was für mich recht hübsch klang. Laut seiner Beschreibung schuldete einer der hiesigen Ärzte ihm einen Gefallen, was für mich bedeutete, dass er seiner Familie einen Gefallen schuldete.

„Ich habe etwas gefunden!“, verkündete ich also stolz und vergrößerte die Koordinaten auf dem Projektor. „Kilmina IV?“, echote Booker fragend. „Ja, da gibt es einen Arzt der uns helfen kann.“, bestätigte ich aufgeregt und wuselte auf die Brücke um dort gleich mit den Berechnungen für den Hyperraumsprung zu beginnen.

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